7031089-1989_30_16.jpg
Digital In Arbeit

Originale und Kopien

Werbung
Werbung
Werbung

Seit diverse Musikgruppen, die sich zu Unrecht auch des Vorwortes „Volks-“ bedienen, noch weiter vom „Original" in ihren Namen gesetzt haben, bin ich mißtrauisch und neugierig zugleich.

Neugierig, weil ich gern jene ken- nenlemen möchte, die, nicht original, die Originale erst zum zitierten Zusatzwort gezwungen haben.

Mißtrauisch, weil ich diese Kopien noch nirgends entdeckt habe. Es wird also vermutlich von den einzigen "Hintertupfingem“ vorgetäuscht, so gut zu sein, daß es an ihrem Ruhm mitnaschende Epigonen gibt, von denen es sich abzuheben gilt, indem man sich „Original Hintertupfinger" tituliert.

Andrerseits (es gibt immer ein „andrerseits“) erfahre ich, daß die weltumspannende Nivellierung, von Geschäftsleuten und Urlaubsreisenden gefördert, bereits Wiener Kaf-

feehäuser und Heurigenlokale in New York hervorgebracht hat. Die Zahl der China-Restaurants in unserem Lande, gefolgt von Italienern, Griechen und Indem, ist schließlich Legion. Wobei die Frage, ob das Cafe auf Bali denn überhaupt imstande ist, Melange wie auch Stimmung vindobonensischer Art zu erzeugen, im Raume steht. Wie ja auch der Siam-Lokal-Besitzer namens Vybiral in Hernals beim SchnitzelMopfen nicht unbedingt fernöstlich meditieren wird.

Es gilt zu klären, ob das wirklich ursprüngliche Lokal sich und dem unbetamtenTouristen zuliebe nicht doch „Original“ vor seinen Namen zu setzen veranlaßt ist, wie’s ja, dem Einheimischen suspekt, manche bereits tun. Jedoch - es müßte eine A\iszeichnung sein, die behördlicherseits zu verleihen wäre und die zu tragen eben nur den tatsächlichen Originalen gestattet sein dürfte.

Aber ach, eine Behörde ins Spiel zu bringen, wäre kaum ratsam. Studienreisen der dort agierenden Beamten wären die Folge, Zwistigkeiten am laufenden Band gäben den mit Original-Skandalen ohnehin überlasteten Gerichten den Todesstoß. Und der Streit, wer den allseits so beliebten Hamburger als Original verkaufen dürfte, wäre Stammtischgespräch. Hat’s doch schon die Sachertorte nicht vermocht, ihre legitimen Hervorbringer zu dokumentieren.

Europareif oder reif für die Insel, wer weiß das schon. Und der Globetrotter, der uns auf seinem Welttrip von der Reiseroute abhakt, merkt sich das hier verzehrte faschierte Laberl, ob mit Ketchup oder Erdäpfelpüree, ohnehin nicht. Was für ihn bleibt, sind die Sängerknaben und die Frage, warum sie Matrosenanzüge anhaben.

Und Li-Tschau liegt, original, möglicherweise im Land des Lächelns, jedenfalls aber und für den geruhsamen Urlaub einen Stern im Baedeker wert, originellerweise und unverwechselbar, im Waldviertel.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung