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Letztens wurde mir von einem Autor ein Text über Freundschaft angeboten. Wir haben in der Redaktion diskutiert, wann ein geeigneter Anlass sei, das Thema aufzugreifen. Naheliegend wäre der 30. Juli, der Internationale Tag der Freundschaft.

Aber irgendwie widerstrebt mir das. Warum sollen wir erst mitten im Sommer die Freundschaft hochhalten dürfen? Schon klar, der von der UNO ausgerufene „Day of Friendship“ ist ein achtungsgebietendes Ansinnen. Aber im Grunde ist es doch dieselbe Geschichte wie mit dem Muttertag. Wenn man seiner Mama einmal im Jahr Anerkennung zollt und sich die restlichen 364 Tage kaum blicken lässt, dann ist der ganze Muttertag für die Katz. Und genauso verhält es sich beim Freundschaftstag.

Meine Mutter hat seit ihrer Schulzeit eine Freundin. Elisabeth. Als ich ein Kind war, hatten die beiden kaum Kontakt. Zu Geburtstagen vielleicht. Ich glaub, mein Vater und Elisabeths Mann harmonierten so mittel miteinander. Um es diplomatisch auszudrücken. Ja, und zwei Frauen, die sich allein treffen - das war früher nicht der Brauch. Dort, wo ich herkomme, zumindest.

Das hat sich geändert. Meine Mutter und Elisabeth besuchen sich mittlerweile ziemlich häufig. Die Männer bleiben unbeachtet, so viel ich weiß. Bei Elisabeth wurde vor einigen Jahren ein Kopftumor diagnostiziert. Sie wurde operiert, bekam Chemotherapie. Nun hoffen alle, dass der Krebs nicht zurückkommt. Ich glaube, die Krankheit war ausschlaggebend, dass die beiden Frauen an jene Freundschaft angeknüpft haben, die vor rund 60 Jahren begonnen hat. Jetzt nehmen sie sich Zeit füreinander. Ich bleibe
dabei: Freundschaft braucht keinen Spezialtag. Der Text des Autors ist nicht erst im Juli relevant. Er ist zeitlos schön.

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