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Schade darum

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Giorgio Strehlers früher beispielhafte Inszenierung von Mozarts „Ent/tihrun-f/ aus dem Serail“ ist jetzt bald zehn Jahre alt, aber noch immer merkt man ihr an, welche kunstvolle Dramaturgie der große Regisseur hier gemeinsam mit Bühnenbildner Luciano Damiani entwickelt hat. Es ist eine raffinierte Mischung aus dem Verwandlungstheater des 18. Jahrhunderts, Schattenspielen, Marionettenkunststük-ken, in die Strähler ein bizarr-amüsantes Komödiensingspiel hineinstellt. Was das Publikum nach wie vor zu Begeisterungsstürmen hinreißt und diese Aufführung Jahr für Jahr wieder ausverkauft macht.

Aber dieses Dezennium ist nicht spurlos an der Produktion vorübergegangen: so manche Details, bei denen es auf Brillanz ankommt, wirken bereits verwischt, das choreographierte Spiel verliert von seiner Grazie, die Modellierung der Opernfiguren hat an Tiefe und Plastizität verloren ... Dennoch: Diese unverwüstliche originelle Aufführung einfach aufzulösen, wäre schade. Man möchte sie bei den Salzburger Festspielen auch in Hinkunft nicht gerne missen. Aber sie für ein Jahr aufs Eis zu legen und von Strehler dann mit einem neuen Sängerteam völlig neu erarbeiten zu lassen, könnte ihr die alte Frische wiedergeben.

Voraussetzung dieser Wiederbelebungsaktion wäre allerdings, daß man sich endlich einen anderen Dirigenten sucht. Lei/ Segerstam bewies auch diesmal, daß seine Besäehungen zu Mozart dürftig, ja gestört sind, daß er nicht einmal Mozarts Tempi im richtigen Maß dirigieren kann. Arien wirken durchwegs unglücklich begleitet, so daß die Sänger mit ihren Koloraturen gelegentlich Schwierigkeiten haben. Die Verschmelzimg der Stimmen zu den Duetten und Ensembles ist allzu unausgeglichen. Und völlig unverständlich ist, wie er just in den diskretesten Momenten in der Führung der Philharmoniker derart oberflächlich bleiben kann. Vieles erinnert da an mangelnde Probenarbeit, die letztlich die Aufführung empfindlich stört. Die Besetzung ist heuer ebenfalls kein Ereignis, ja durchaus nicht festspielwürdig. Enttäuschungen bereiten Sylvia Geszty (Konstanze) und Werner Hoüweg (Belmonte), deren Gesangsleistungen kaum noch entsprechen. Nur noch den Abglanz von einst bietet der Osmin von Kurt Moll. Judith Biegen (Blondchen) und Gerhard Ungar (Pedrillo) vermögen immerhin Strehlers Vorstellungen zu vermitteln. Und natürlich Michael Heitau, der als einziger den perfektionistischen Stil dieser Aufführung zu wahren verstand.

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