Das Burgtheater als Opernbühne: 'Entführung aus dem Serail" als Koproduktion mit der Staatsoper.
Wolfgang Amadeus Mozart, 'Die Entführung aus dem Serail", Singspiel in drei Aufzügen, uraufgeführt am 16. Juli 1782 im Burgtheater zu Wien - so steht in Lexika geschrieben. Wenn aber jetzt Mozarts Oper im Burgtheater in einer Neuinszenierung als Koproduktion mit der Wiener Staatsoper gespielt wird, kann man das Werk dennoch nicht am Ort seiner Uraufführung erleben. Der Prachtbau an der Ringstraße wurde nämlich erst 1888 eröffnet, 106 Jahre nach der ersten Aufführung der Mozart-Oper. Diese ist erstmals im nicht mehr existierenden 'Theater nächst der Burg" am Michaelerplatz über die Bühne gegangen.
Oper im jetzigen Burgtheater - das bedarf zu erst einmal der akustischen Eingewöhnung: trocken und drahtig hebt die Ouvertüre an; das engagierte Spiel des Staatsopernorchesters unter der nuanciert detailverliebten Leitung von Philippe Jordan überzeugt aber auch in diesem Raum, vor allem, da eine gute Balance zwischen Bühne und Graben herrscht. Jordan ist ein Dirigent, der sich bei allem Brio, das er zu entfachen versteht, dennoch gerne Zeit lässt, um lyrische Momente auszukosten. Doch dazu hätte es entsprechender Sänger bedurft, die nur bedingt aufgeboten waren: bei Daniel Kirchs Schmelz, Geschmeidigkeit und Eleganz vermissen lassendem Tenor als Belmonte sehnte man sich nach früher gängigen, jetzt offenen Kürzungen der Rolle zurück, Franz Hawlata war ein sperrig und grau tönender Osmin und Julia Rempe eine Blonde mit Ministimmchen. Überzeugen konnte Cosmin Ifrim als wohltönender Pedrillo und vor allem die hervorragende Diana Damrau als Konstanze mit brillanten Koloraturen, makellosen Höhen, verinnerlichter Lyrik und dramatischer Attacke. Ihre Szenen mit dem bemerkenswerten Nicholas Ofczarek als Bassa Selim gehörten zu den seltenen Augenblicken des Abends, die von Tiefe geprägt waren. Ansonsten fehlte es Karin Beiers Inszenierung erheblich an Spannung: ihre Ideen um Geschlechter-und Kulturenkampf, um Liebe und Gewalt sind schnell präsentiert, verharren in bekannten, plakativen Klischees und bergen für einen theatralischen Abend zu wenig an Geheimnis und packender Kraft.
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