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Von Aristoteles zu Wittgenstein

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Ist Ihnen auch schon aufgefallen, wie krampfhaft und bemüht manche Mitmenschen nach einem - wie sie meinen - geistreichen Namen für ihr Haustier suchen? Denen ist oft kein müder Gag zu albern, nur um aufzufallen und vermeintliche Originalität zu dokumentieren. Da werden Meerschweinchen Da Vincioder Aristoteles getauft, wobei natürlich offensichtlich ist, daß der Namensgeber darauf spekuliert, sich mit derartigen Benennungen als humanistisch gebildet auszuweisen.

Ich kenne persönlich einen Zwerghasen, der auf den Namen Einstein hört, beziehungsweise nicht hört, da sich Hasen bekanntlich um Benamsungen, die ihnen vom Menschen aufgezwungen werden, eine braune Bohne scheren.

Ein Reitpferd - feurig und voll Temperament und zu allem Überfluß auch noch ein Wallach r- wird mit einem beschämenden Bambi gedemütigt und ein fetter Goldhamster in meinem Bekanntenkreis geht gar als Gaius Julius Caesar durchs triste Nagerleben. Es versteht sich fast von selbst, daß ein später dazugekauftes weibliches Zweittier den überaus originellen Namen Cleopatra ertragen muß. (Wenn's denn wenigstens eine ägyptische Katze gewesen wäre; ... aber die hätte den dicken Caesar sicher schnell in ihr Verdauungssystem integriert).

Die tollsten Blüten aber treibt menschliche Geltungssucht bei den Hundenamen. Klar: wenn einer seinen Goldfisch Wittgenstein nennt, bleibt das Außenstehenden meist verborgen, da er sein Schwimmtier ja nicht auf der Straße spazierenführt und gelegentlich lautstark nach ihmn ruft. Bei Hunden ist das naturgemäß anders. Deren Namen bekommt die ganze Nachbarschaft, das ganze Viertel mit und das ist vermutlich genau das, was der Eigentümer des Tieres anstrebt.

Da kenne ich einen phlegmatischen Bernhardiner, der ebenso wie sein Frauchen mit ansehnlichem Übergewicht durchs Leben hechelt, dafür aber mit dem Namen Speedy entschädigt wird. Eni ewig zitternder Zwergpinscher macht sich und damit auch sein Herrchen mit dem Rufhamen//er-kules mehr als lächerlich und ein ganz übler Typ aus dem Rotlichtmilieu hat (Gott ist mein Zeuge!) die Unverfrorenheit, seinen aggressiv sabbernden Kampfhund Albert Schweitzer zu rufen; wobei mich besonders staunen läßt, woher der besagte Typ diesen Namen kennt. Die Reihe der Beispiele ließe sich noch beliebig erweitern, aber Sie selbst kennen sicher ebenso-viele Verirrungen und ich darf mir weitere Aufzählungen schenken.

Es zeigt sich immer wieder, daß man bei der Namensausstattung seiner Tiere auf die althergebrachten Hunde- und Katzennamen zurückgreifen und sich tunlichst bemühter Geistreichelei-en enthalten sollte.

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