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Wer schützt die Werbung?

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Nach landläufiger Meinung gilt es, den Konsumenten vor der Werbung zu schützen. Nach dem Besuch der 28. Werbewirtschaftlichen Tagung in Linz bin ich nicht mehr sicher, ob man •nicht eines Tages die Werbung wird vor den Konsumentenschützern schützen müssen. Nach den Vorstellungen einiger Consumerismus-Vertreter soll die Werbung nämlich offenbar nicht mehr werben, sondern nur mehr kundmachen dürfen. Nackte facts in Kommunique- form gemäß ÖNORM einschließlich Albrecht-Prüfsiegel.

Wie anders kann man die Kritik am Slogan „Butter kann durch nichts ersetzt werden“ verstehen, die sich daran stößt, daß es sich dabei sprachwissen schaftlich um eine Selbstverständlichkeit handelt? Oder die fürchtet, eine Tee trinkende Familie gaukle eine falsche Idylle vor, indem sie suggeriere, Tee stelle eine zwischenmenschliche Kommunikation her?

Ich bin dafür, daß man die Werbung beinhart auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft und dafür sorgt, daß sie sich in Darstellungsform und Aussage an die jeweils zeitgemäßen gesellschaftlichen Normen hält (wie schwer auch das schon zu überprüfen und ahnden ist!). Vor allem aber ist dafür Sorge zu tragen, daß Werbung jeweils als solche erkennbar ist (hier wird man altersmäßig sorgfältig differenzieren müssen).

Ich bin aber dagegen, daß man ihr die kreative Bewegungsfreiheit und damit jegliches Flair nimmt. Wenn man beckmesse- risch jeden Slogan auf die Waagschale des Sprechanalytikers legen will, könnte man genausogut die Poesie verbieten, weil jaauch der Informationswert eines Rilke-Sonnets durchaus umstritten sein dürfte.

Und sage niemand, daß nur in der Werbung zum falschen Fernseher verführt zu werden ist Schaden anrichten können. Von der Werbung zum falschen Fernseher verführt zu werdeg ist immer noch harmloser, als von der Lektüre des Werthers in den Selbstmord getrieben zu werden - um ein Extrembeispiel zu nehmen.

Es widerstrebt mir, das Abendland zu beschwören und unsere freiheitliche Gesellschaftsordnung von der Existenz der Wirtschaftswerbung abhängig zu machen, wie es einige Werber im Bemühen um eine positive Selbstdarstellung gerne tun. Ich teile nur die übertriebene Angst der Konsumentenschützer vor werblicher Manipulation nicht. Ich fühle mich von Werbung nicht belästigt, ja gestehe, daß mir Werbung Spaß macht.

Ich will umworben und gelockt werden - schon um mir die Chance zu geben, mich gelegentlich selbst zu besiegen und „nein, danke!“ zu sagen.

Im übrigen scheint ja auch die Mehrheit der Österreicher zum Ärger der Konsumentenschützer ähnlich zu empfinden: Nur einige Hundert machten von der Möglichkeit Gebrauch, sich auf die Robinson-Liste (die die Zusendung von Werbematerial verhindert) setzen zu lassen.

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