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Wojtylas Theater

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Zeitlich gesehen war die erste Berufung von Karol Wojtyla wohl die eines Schauspielers, Regisseurs und Dramaturgen. Schon als Gymnasiast debütierte er in einer stummen Rolle am Theater von Wadowice, einer kleinen, damals nur zehntausend Einwohner zählenden Stadt. Als Fünfzehnjähriger begann Lolek - mit dieser Abkürzung wurde Karol in der Familie und von seinen Schulkameraden gerufen - eine richtige Karriere als erster Schauspieler und wirkte in der „Antigone“ von Sophokles mit. In einem von Kazimie-ra Rychter - einer der besten Sprecherinnen Polens - ausgeschriebenen Rezitationswettbewerb gewann er sogar den zweiten Preis.

Heuer fand in Todi/Umbrien eine außergewöhnliche, vom Museum des Krakauer Stary Theaters zusammengestellte Ausstellung über die „Theaterwelt von Karol Wojtyla“ statt. Anhand von Dokumenten, bisher zum Großteil unveröffentlichter Fotograf ien -beeindruk-kend ist Papst Johannes Paul II. als „Zygmunt August“ mit langem Bart und Renaissancekostüm in einem Stück, bei dem er auch selbst Regie führte -, Theaterprogrammen mit dem Namen des späteren Papstes als Hauptdarsteller und Kritiken, die seine Künstlerkarriere bis zum

Dramaturgen begleiten, wird ein wichtiger Abschnitt im Leben des Heiligen Vaters beleuchtet. Er selbst hat ihn in einem ebenfalls ausgestellten autobiographischen Brief aus dem Jahre 1957 übergangen.

1938 zog Karol Wojtyla nach Krakau und studierte an der Jagel-lonen-Universität polnische Literatur. 1939 trat er der „Konfrater-nia Teatralna“ unter der Leitung von Tadeusz Kudlinski bei. Dieser berichtet, daß Karol Wojtyla in einer poetischen Musikkomödie das Sternzeichen „Stier“ zu verkörpern hatte: „Wegen seines guten Stimmansatzes ließen wir ihn als ersten vortragen.“ Kudlinski war auch der Gründer des „Rhapsodischen Theaters“ (1941-67), in dem der spätere Papst eine der Hauptpersonen war und das während der NS-Beset-zung Polens als Untergrundtheater arbeitete.Nach Kriegsausbruch widmete sich Karol Wojtyla der Dramaturgie. Er ist Autor von sechs

Dramen mit zum Teil biblischen Themen.

Die bekanntesten Dramen Karol Wojtylas sind „Der Bruder unseres Herrn“ und „Das Geheimnis der Vaterschaft“. Trotz der Berufung zum Priester scheint diese erste Zeit nicht ganz untergegangen zu sein, da Kardinal V/ojtyla noch Zeit fand, unter dem Pseudonym Piotr Jasien Theaterkritiken zu schreiben. Als er im Jahr 1979 zum ersten Mal als Johannes Paul II. mit Vertretern der polnischen Kulturwelt in Krakau zusammentraf, sprach er- vielleicht nostalgisch - über seine Einführung in die Theaterwelt: „Ich möchte festhalten, daß unter den Studenten meiner Generation viele aktive Literaten und Dichter waren. Ich war unter ihnen in einem gewissen Sinne .getarnt', bis zum Tage meiner Wahl zum Papst. An dem Tage bin ich .demaskiert' worden, nicht nur vor Polen sondern vor der ganzen Welt... Es ist interessant, daß einige dieses Zeug für wertvoll halten, während ich den Verdacht habe, daß sie nicht so gedacht hätten, wenn nicht geschehen wäre, was geschehen ist.“

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