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Zurück zur sozialen Marktwirtschaft

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Nach dem Wirtschaftsgipfel in Bonn scheinen allerorten schwerwiegende Zweifel bestehen zu bleiben, ob die Erklärungen im Schlußkommunique wirk-' lieh den richtigen Weg weisen^ um die freiheitliche Ordnung der parlamentarischen Demokratie, produktive Volkswirtschaften und stabile Währungen gewährleisten zu können. Angesichts der 14 Millionen Arbeitslosen in den sieben stärksten Industriestaaten und ihrem stagnierenden Wirtschaftswachstum

nungsvolles Bild zukünftiger Welt-wirtschaftspqlitik.

Das, Umsetzen einer Wirtschaftsordnung ift flen praktischen Alltag des Wirtschaftslebens kann nie als endgültig abgeschlossen betrachtet werden. Will man die Wirtschaftspolitik rational gestalten, muß sie von ordnungspolitischen Widersprüchen grundsätzlich frei bleiben. Eine pragmatische Wirtschaftspolitik wie sie in diesem oder jenem Teilnehmerland des Bonner Wirtschaftsgipfels sichtbar ist, führt

bei gleichzeitiger Sorglosigkeit im Energieverbrauch, konnte es keiner der Staats- und Regierungschefs wagen, mit unangenehmen Nachrichten heimzukommen. Die Plage der elektoralen Rücksichtnahmen saß den meisten im Nacken.

Nach außen hin haben US-Präsident Carter, der britische Premier Callaghan, der kanadische Premier Trudeau, Japans Ministerpräsident Fukuda, der italienische Ministerpräsident Andreotti, Bundeskanzler Schmidt und Staatspräsident Giscard d'Estaing ein der Gelegenheit angepaßtes Maß an Einheit und Übereinstimmung demonstriert. In der nun folgenden Auseinandersetzung jedes einzelnen mit seiner Regierung und den Parlamenten wird sieh zeigen, wie weit man einander näher gekommen ist.

Mehr Kohlen und Kernenergie, weniger ölimporte und Ruhe an der Dollarfront einerseits, notwendiges Wirtschaftswachstum zur Bekämpfung der Geldentwertung und Arbeitslosigkeit anderseits und Bedenken gegen den Mißbrauch von Kernenergie im Verein mit notwendigen Maßnahmenfür den Umweltschutz, ergeben in ihrer Gesamtheit ein wenig hoff-

zwangsläufig zu konzeptionellen Widersprüchen und die Vereinbarkeit der vielen Einzelmaßnahmen wird ein ständiges Problem.

Wirtschaftspolitischer Pragmatismus endet im staats-interventionistischen System, verlagert sich auf Prozeßpolitik, die den staatlichen Instanzen ein weites Feld für dirigistische Aktivitäten eröffnet. Der Wettbewerb als wirksames Instrument zur Kontrolle und Neutralisierung wirtschaftlicher Macht wird geschwächt und am Ende gar aufgegeben.

Eine Wirtschaftspolitik jenseits von Dogmatismus und Pragmatismus stellt höchste Anforderungen an die politisch Verantwortlichen. Die erstrebte Freiheit, Sicherheit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in den parlamentarischen Demokratien läßt sich mit dem „Beefsteak-Sozialismus“ der Gegenwart nicht erringen. Es ist höchste Zeit, wieder einmal über soziale Marktwirtschaft nachzudenken, und sie nicht weiter zu diskreditieren. Das ist auch ein Ergebnis des Bonner Gipfels.

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