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Alle wußten davon

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Im Gedenkjahr 1995 wird endlich eine beschämende Episode der Vergangenheit auf bestmögliche Art bereinigt. Dabei wußte von der Existenz des sogenannten Mauerbach-Schatzes jeder Politiker von Kreiskv bis Busek,. von Androsch bis Lacina und Broda. Sie alle waren der Meinung, das von der amerikanischen Besatzungsmacht 1955 der österreichischen Begierung überge-bene „herrenlose Kunst- und Kulturgut” müsse auftragsgemäß umgehend seinen ehemaligen Besitzern rückerstattet werden. Und wenn nicht ihnen, dann ihren Nachkommen oder einschlägigen Verbänden derNS-Opfer

Außer den bereits 1969 erlassenen Aufrufen in der amtlichen „Wiener Zeitung” und ab 1978 auch in überseeischen Printmedien, Geschädigte mögen ihr geraubtes Gut deklarieren, ist allerdings bislang nichts geschehen.

Erst knapp vor den Sommerferien beschloß der Nationalrat über Antrag des Finanzministers, daß das „Mauerbach-Vermögen”, 1994 aus der in Renovierung befindlichen Kartäuser-Klause Mauerbach nach Schloß Schönbrunn verbracht, ab sofort an den Bundesverband der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs geht. Ein Auktionshaus soll die Werke versteigern und den Erlös den Kultusgemeinden sowie (zu zwölf Prozent) anderen NS-Opferverbänden übergeben.

Wie hoch die dabei erzielten Einnahmen sein werden, ist fraglich. Denn von den rund 8.000 Objekten, für die sich die rechtmäßigen Besit zer nicht mehr ermitteln ließen, darf längst nicht alles als Kunstgegen-stand bezeichnet werden. So gibt es zwar etliche qualitätvolle Möbel, wertvolle Münzen, seltene Bücher und Skulpturen, einige alte Meister, mehrere von österreichischen Sammlern geschätzte Landschaftsmalereien und viele Porträts des 19. Jahrhunderts.

Jedoch befinden sich auch Teppiche mit Löchern, leere Bilderrahmen, zerbrochene Vasen, Luster und Spiegel darunter. Und nicht alle Objekte, wenngleich die meisten, stammen aus vordem jüdischen Besitz, der „arisiert” worden undfür geplante aber nie realisierte Museen bestimmt gewesen ist. Auch ehemaliges Klostergut zählt dazu, wie eine Münzsammlung des südböhmischen Zisterzienser-Klosters Hohenfurt (Vyssi Brod), dessen Bückgabeanspruch die Patres aus Unkenntnis erst zwei Tage nach Ablauf der Anmeldefrist geltend gemacht haben.

Von ihren rechtmäßigen Eigentümern oder deren Enkeln ist seit 1956, als das Finanzministerium das Bun-desdenkmalamt mit der Verwaltung und Verwahrung des von den Nationalsozialisten beschlagnahmten und von den Alliierten entdeckten Kulturgutes beauftragt hat, kaum mehr als zehn Prozent zurückverlangt worden. Einige bedeutende Gemälde hat man schon vor Jahren in diversen Wiener Museen deponiert.

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