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Soziologie des Alltags
Familie, Beruf, Freizeit. Von Ernst Glaser. Verlag des Oesterreichischen Gewerkschaftsbundes, Wien. 238 Seiten
Familie, Beruf, Freizeit. Von Ernst Glaser. Verlag des Oesterreichischen Gewerkschaftsbundes, Wien. 238 Seiten
Selbst wenn von der persönlichen Problematik abgesehen wird, bringt das Leben des modernen Alltags so viele und komplizierte Fragen mit sich, daß es wissenschaftlicher Systematik bedarf, um sie bloßzulegen und zu erklären. Die Maschine hat die Formen der Arbeit grundlegend verändert: ferne vom Wohnort, außerhalb der Familie, mit unbekanntem Werkzeug begann der Mann und Familienvater an fremdem Eigentum zu arbeiten. Viele seiner Positionen innerhalb der Familie mußte die Frau übernehmen. Schritt um Schritt vollzog sich der Wandel der Gesellschaftsstruktur. Die neue Zivilisation zeigt sich vielfach erst am Zusammenbruch überlieferter vorindu- strięller Gewohnheiten.
In einer solchen Situation sind zur Orientierung sachliche Ueberblicke unentbehrlich. Ernst Glaser, ein erfahrener Soziologe und ein hervorragender praktischer Pädagoge Wiens, hat in seinem Buch „Familie, Beruf, Freizeit" Material zum Verständnis der Sozialreformen der industriellen Gesellschaft zusammengetragen. Als einem der ersten im deutschen Sprachgebiet gelang es Glaser, amerikanische Forschungsergebnisse aus Spezialwerken (industrial sociology, labor problems, communication, usw.) h.erauszu lösen, europäische Fachstudien (z. B. Rowntree, Friedmann, Schelsky) und Statistiken zu sichten und in klarer Sprache einen Führer durch das Alltags-
leben von Ehe, Familie, Beruf und Freizeit darzubieten.
Am eindrucksvollsten nimmt sich Glasers Darstellung der modernen Familienprobleme aus (Seite 13 bis 75). Die arbeits- und betriebspsychologischen Ausführungen des Autors, die unter dem Titel „Beruf" geboten werden (besonders Seite 103 bis 138), lassen erkennen, daß Glaser hier Erfahrungen aus erster Hand verarbeitet hat. Auch mit der schwierigen Materie „Freizeit" setzt sich der Verfasser (im dritten Abschnitt) so auseinander, daß der Leser das Gefühl hat, einem verläßlichen Führer durch die vielfältigen Möglichkeiten und Probleme der modernen Freizeitformurig und -betriebsamkeit, zumindest an Hand von Zahlenmaterial und Lfeber- blickstafeln, gefolgt zu sein.
Trotz seiner Tendenz zu schematischer Gesamtübersicht hat es der Verfasser verstanden, sich zu beschränken. Auf konkrete Stadt- und großstadtsoziologische Fragen geht er nicht ein. Auch die Klassenproblematik ist herausgeblieben.
Bei dem besonders in Mitteleuropa frühen Stand der exakten Sozialforschung ist der Mut zu bewundern, den der Autor aufgebracht hat, um eine allgemeinverständliche enzyklopädische Kurzüberschau zu liefern, die in verschiedenen Bildungsschichten verwendet werden kann.
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