Generationswechsel an der Spitze der Muslime

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Noch vor zweieinhalb Wochen, hatte Fuat Sanaç, der damalige Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) im großen FURCHE-Interview offen gelassen, ob er nochmals kandidieren würde. Kurz vor dem Wahltermin am 19. Juni warf Sanaç das Handtuch. Und der Schurarat, das "Parlament" der IGGÖ, kürte den neuen Obersten Rat, die "Exekutive" sowie deren Vorsitzenden, der als Präsident der Glaubensgemeinschaft fungiert: Dabei kandierte Ibrahim Olgun - und wurde gewählt. Der 38-Jährige, in Mistelbach geborene Gastarbeitersohn markiert einen Generationswechsel. Olgun ist auch der erste in Österreich geborene Präsident der IGGÖ.

Im Jahr 2007 maturierte Olgun am Wiener TGM und absolvierte seinen Präsenzdienst beim Bundesheer. Dann ging er nach Ankara, um Islamische Theologie zu studieren. Nach Studienabschluss kehrte er nach Wien zurück, wo er 2013 vom türkischen Verband ATIB als Beauftragter für den Interreligiösen Dialog angestellt wurde. Seit 2014 ist Olgun in Wien als Fachinspektor für den Islamischen Religionsunterricht tätig. Der Verband ATIB gehört zu den mächtigsten türkisch-islamischen Organisationen im Land, allein sechs der zurzeit 27 Kultusgemeinden, die je vier Delegierte in den Schurarat entsenden, werden von der ATIB betrieben. Der Verband untersteht der türkischen Religionsbehörde Diyanet in Ankara - was in der Ära Erdogan durchaus als Problem gesehen wird. Allerdings betonte Olgun im Ö1-Morgenjournal, alle Ethnien ansprechen zu wollen. Und unmittelbar vor seiner Wahl hatte er bereits erklärt: "Ich habe selbst erlebt, wie es ist, hier in Österreich aufzuwachsen und sich nach der eigenen Identität zu fragen. Was ist Religion und was ist Tradition? Es lohnt sich, darüber zu reflektieren und dann theologisch zu forschen. Heute fühle ich mich als Muslim in Österreich zu Hause, vergesse aber auch nicht auf meine Wurzeln. Damit kann und will ich Brücken bauen."

Ob Ibrahim Olgun das bald tun kann, ist allerdings noch nicht gewiss. Denn eine Plattform aus acht Kultusgemeinden hält die Wahl für nicht konform mit der Verfassung der IGGÖ - unter anderem wird das Alter Olguns (Präsident könne man erst mit 35 Jahren werden) und die regelwidrige Zusammensetzung der Gremien moniert. Die Plattform wendet sich an die Schlichtungsorgane der IGGÖ, aber auch ans Aufsicht führende Kultusamt, das bei Staatssekretärin Muna Duzdar ressortiert. Notfalls will man, so ein Sprecher der Plattform, auch den Verfassungsgerichtshof anrufen.

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