Olivenernte an der Mauer

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Ohne die Hilfe von Friedensaktivisten würden die Bauern in Palästina ihr Land verlieren.

Im Heiligen Land gibt es einen alten und an sich guten Grundsatz: "Wenn Land drei Jahre nicht bearbeitet wird, verfällt es dem Staat." Diesen Grundsatz gibt es abgewandelt auch in anderen Ländern, in denen Boden wertvoll ist. Aber auch der beste Grundsatz kann unterwandert und damit in sein Gegenteil verkehrt werden: In Israel/Palästina versuchen die Behörden, Menschen mit Gewalt daran zu hindern, ihren Boden zu bebauen, um ihn sich dann aneignen zu können.

Die Handlanger für diese miesen Absichten sind vor allem militante jüdische Siedler und ihre so genannten "Securities". Das sind keine offiziellen Militär- oder Sicherheitskräfte, sondern von den jeweiligen "City-councils" ernannte und bewaffnete radikale Gruppen. "Mich erinnert das an die Sheriffs im Wilden Westen", sagt Robert Reischer und fügt hinzu: "Von ihnen gibt es immer wieder Drohungen, Einschüchterungen und auch Gewalttätigkeiten, vor allem in den sensiblen Zonen, entlang des so genannten Sicherheitszaunes und der Siedlerstraßen."

Wie im Wilden Westen

Jedes Jahr im Herbst finden sich in diesen sensiblen Zonen internationale Gruppen ein, um den Olivenbauern nicht nur bei der Ernte zu helfen, sondern auch um die Menschen durch ihre Anwesenheit vor Übergriffen zu schützen. Robert Reischer war im Rahmen eines Einsatzes des "Internationalen Versöhnungsbundes" mit von der Partie.

Reischer berichtet von einer Grundstimmung der Unsicherheit und der ständigen Anspannung. An jedem Ort, zu jeder Zeit ist man irgendwelchen irrationalen Kontrollen ausgeliefert, die zu einer Verhaftung führen können. Die zahllosen Checkpoints werden zu ständigen Stolpersteinen: Kinder werden durchgelassen, die Eltern nicht, dann die Mutter schon, der Vater nicht. Außerdem kosten diese Sperren viel Zeit. Mit ihren alten Traktoren oder ihren Eseln müssen die Palästinenser stundenlange Umwege machen, auch wenn ihr Olivengarten ohne Sperren in wenigen Minuten erreichbar wäre. "Für die Menschen, die dort leben müssen", sagt Reischer, "ist die Situation unerträglich, und das ist ja auch die Absicht, denn schließlich will man nichts anderes, als sie vertreiben."

Wo sich kein Bauer hinwagt

Das gelingt auch in immer mehr Fällen, vor allem bei den Jungen. In dem Städtchen Salfit gibt es eine kleine, so genannte Universität, in der man Betriebswirtschaft und EDV-Kurse besuchen kann. Kaum sind die Jugendlichen mit dieser eher rudimentären Ausbildung fertig, ist es ihr einziges Ziel weg zu kommen. Vielfach bleiben in der Region nur noch die alten Leute übrig. Die Olivenernte entlang der sensiblen Zonen ist aber nur an bestimmten Tagen erlaubt und so würden es die Einheimischen ohne internationale Hilfe niemals schaffen, ihre Früchte von den Bäumen zu holen. Die Oliven sind aber oft das einzige Einkommen, das die Palästinenser haben.

Der Ernteeinsatz ist gut organisiert, erzählt Reischer: "Jeder Dorfverband hat einen Erntekoordinator, der die Helfer und Helferinnen zuteilt und sie bei Familien unterbringt." Wichtig ist, so der Mitfünfziger, der in Österreich als Sozialarbeiter arbeitet, dass die Erntehelfer die Bäume entlang der Zäune und Siedlerstraßen abernten, zu denen sich die palästinensischen Bauern nicht hinwagen. Bei jenen Bäumen, die mit einem roten Spray markiert waren, durften die Erntehelfer die Oliven auch mit sonst verpönten Stöcken herunterschütteln, "da diese Bäume sofort nach der Ernte gefällt wurden, um Platz für einen Sicherheitsstreifen entlang der Apartheidsmauer zu schaffen".

Mauerbau gestoppt

Aber einen kleinen Sieg konnten die Bewohner der Region um Nablus im Kampf gegen diese Mauer schon erringen: Gemeinsam mit israelischen Friedensaktivisten demonstrierten sie gegen den Weiterbau der Mauer, blockierten die Straßen, zerschnitten die Zäune mit Drahtscheren und wurden dabei mit Tränengasgranaten traktiert. Aber dann kam der Bescheid des Obersten Gerichts in Israel, der für gewisse Gebiete den Stopp des Baus, beziehungsweise die Verlegung der Trasse anordnete. Überall dort, wo der Sperrwall nicht der1967 vereinbarten "Grünen Linie" folgt, sondern bis zu 20 Kilometer in palästinensisches Land hineinreicht. Und so ruht jetzt an manchen Stellen der Bau. Die bereits errichteten Absperrungen ragen aber nach wie vor in grauem Beton acht bis zehn Meter in den Himmel - Zeichen für einen nach wie vor ungelösten Konflikt. Robert Reischer: "Natürlich ist die politische und soziale Situation schlimm bis unerträglich, aber diese solidarische Arbeit für die bedrängten Menschen und ihre Offenheit und Gastfreundlichkeit, ja Fröhlichkeit das ist einfach wie Balsam für die Seele."

Palästinensisches Olivenöl wird in Österreich zum Preis von 8,- Euro je Halbliterflasche angeboten. Auskunft und Bestellungen: Eine-Welt-Laden

Wiedner Hauptstraße 7-9, 1040 Wien

Tel + Fax: 01/505 49 10

Mail: eine.welt@aon.at

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