Der Botschafter des Judentums in Österreich

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„As der Rebbe lacht“ ist meine Lieblings-CD mit jiddischen Liedern, ein Konzertmitschnitt mit Oberrabbiner Chaim Eisenberg. Unübertroffen einfühlsam singt er Schalom aleichem. Ich habe es als Gute-Nacht-Lied für meine Töchter in meine katholische Familie inkulturiert.

„As der Rebbe lacht“, lachen nicht nur die Chassidim. Eisenberg ist der sympathische Botschafter des Judentums in Österreich. Das geistliche Oberhaupt einer Religionsgemeinschaft, das predigt und auch als Sänger in der Öffentlichkeit steht, nicht nur mit religiösen Themen. Dass dies keine Anbiederung und keinesfalls peinlich ist, ist das Geheimnis von Eisenbergs Erfolg. In der Vorwoche feierte er seinen 60. Geburtstag.

Oberrabbiner Eisenberg ist keiner, der Vorlesungen hält und Thesen verfasst. Er erzählt mit profunder Sachkenntnis, mit Humor und Witz. Nicht nur im übertragenen Sinn. Eisenberg erzählt Witze, aber keine Witzchen. Einmal sind wir durch das nebelige Wien spaziert und haben überlegt, welcher der treffendste für den christlich-jüdischen Dialog wäre. Ich weiß nicht mehr, ob wir uns geeinigt haben. Was aber auch egal ist, denn am Ende ist ohnehin immer der Rabbi der Gewitzte. Vielleicht war es der:

Ein Pastor, ein Priester und ein Rabbiner beschließen nach dem Vorbild alter Legenden, einen wilden Bären zu bekehren. Der Pastor geht in den Wald und hält eine wortgewaltige Predigt. Der Bär bleibt unbeeindruckt und wehrt sich: Der Pastor muss eine Woche ins Krankenhaus. Der katholische Priester versucht es mit Weihwasser und auf die Fürbitte der seligen Jungfrau und Gottesmutter: Auch er landet verwundet für eine Woche im Krankenhaus. Nun ist der Rabbiner an der Reihe. Er muss gar für drei Wochen ins Spital. Nach zwei Wochen dürfen die beiden anderen ihn erstmals besuchen. Sie erzählen die Geschichte ihres Misserfolgs und bedauern den Rabbi, den es noch schwerer getroffen hat. Doch der ist unverzagt: „Ich war erfolgreich“, sagt der Rabbi, „aber vielleicht hätte ich nicht gleich mit der Beschneidung beginnen sollen.“

Jede Ähnlichkeit mit dem Jubilar ist auszuschließen. Schnelle Bekehrungen sind Eisenbergs Sache nicht. Er setzt auf die bewährte jüdische Lebenshaltung des Lernens. Er lehrt in der Schule und man kann im Gymnasium Stubenbastei bei ihm maturieren. Er lädt zum Schiur (Religionsunterricht) für Erwachsene und hält Kurse im Jüdischen Institut für Erwachsenenbildung.

Eisenberg ist die spirituelle Mitte der Kultusgemeinde. Ein Mann des Ausgleichs, über den viele ihren positiven Bezug zu dieser Gemeinde finden. Auf seine integrative Kraft gründen das wachsende Leben und Selbstbewusstsein der jüdischen Gemeinde.

Ein Mann, der diese Werte verkörpert, hat das Zeug zum Wunderrabbi. Ein Rabbiner ist für Rechtsangelegenheiten zuständig, auch im Familienrecht. Einmal landete ein Scheidungsakt auf seinem Schreibtisch. Der blieb so lange liegen, erzählt er, bis nach mehrmaligem Urgieren die Beteiligten sagten, er könne den Akt weglegen: Man habe sich versöhnt. Hine ma tov, ein Wunder, wenn Menschen in Eintracht zueinander finden.

„Bis 120!“ lautet ein jüdischer Geburtstagswunsch. So steht der nach Selbstdefinition „liberalste aller orthodoxen Rabbiner“ in der blühenden Lebensmitte. Ihm ist weiterhin Gottes Segen für die zweite Lebenshälfte zu wünschen!

* Der Autor ist Geschäftsführer des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit

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