"Die Völker Europas sind entschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche Zukunft zu teilen, indem sie sich zu einer immer engeren Union verbinden." Der Beginn der "Charta der Grundrechte der Union" in der neuen eu-Verfassung ist ein großes Wort. Es soll den Fortschritt gegenüber einem von Kriegen zerrissenen Europa vergangener Jahrhunderte betonen. Aber wird für eine gemeinsame friedliche Zukunft der Völker Europas die Verbindung zu "einer immer engeren Union" genügen?
Ich vermisse im ganzen Text der Grundrechte-Charta jeglichen Hinweis auf die globale Aufgabe der eu und auf die Mitverantwortung für eine gemeinsame friedliche Zukunft aller Völker der Erde. Gerade angesichts der Bezugnahme der Präambel auf die "unteilbaren und universellen (!) Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität" ist mir die Zurücknahme auf die Union der Völker Europas als Ziel unverständlich.
Das Wort von der "immer engeren Union" bekommt da eine doppelte Bedeutung: "eng" auch im Sinn des Horizontes. Dabei hat erst vor kurzem der Sicherheitsbericht des Hohen Beauftragten für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der eu, Javier Solana, die Verknüpftheit der Sicherheit und des Friedens in Europa mit einer weltweiten Entwicklung in Richtung Frieden und Gerechtigkeit betont.
Die Kirchen haben sich intensiv und letztlich erfolglos für einen ausdrücklichen Gottesbezug des Verfassungstextes eingesetzt. Gerade den weltweit lebenden Kirchen unter ihnen wäre es wohl angestanden, ebenso intensiv für das eu-Projekt einen globalen Horizont einzumahnen. Eine "Festung Europa" als Leitidee? Kein Wunder, dass uns nur der Rückblick auf den Elan der Wiederaufbauzeit bleibt. Denn puncto Ausblick wird es eher "eng".
Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger.
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