Die Musik aus dem Biedermeier von Otto Nicolai und der Handlungskern von Shakespeares „Die lustigen Weiber von Windsor” erlaubten Regisseur Ernst Poettgen eine erhebliche zeitliche Offenheit in der Inszenierung. Das Bühnenbild von Bu-dolf Bischer und die Kostüme von Susanne Birke geben der Oper ihren komisch-phantastischen Charakter. Das gilt besonders für die Verwandlungsszenen im mitternächtlichen Park der Windsors. Sie verleihen dem Stück auch den Charakter einer witzigen, schnell vorwärtsstrebenden Inszenierung, was man in den ersten beiden Akten etwas vermißte.Die musikalische
Bruno Genty choreographierte unter dem Titel „Fado Morgana" zum Auftakt der diesjährigen SZENE-Saison im Salzburger Stadtkino mit dem Ensemble Nonentiti eine sehr freie Interpretation von Anton Tschechows „Drei Schwestern". Die Zusammenarbeit des Pariser Tanztheatermachers mit den Salzburger Tänzerinnen von Nonentiti positioniert die SZENE unter den europäischen Schauplätzen.Aus Tschechows Vorgabe dreier Frauen, die die Enge der Provinz fliehen wollen, macht Genty sensible Porträts von Seelenlandschaften. Neben den drei Schwestern Olga, Macha und Irena läßt der Choreograph
Schon im Vorfeld hat die Eitelkeit derer, die sich porträtiert fühlten und die Uraufführung mit Einstweiligen Verfügungen verhindern wollten, „Die lange Nacht der Spekulanten” in die Schlagzeilen gebracht. Bei eingehenderer Betrachtung von Herwig Kaisers Persiflage auf den WEB-Skandal wäre das nicht notwendig gewesen.Der Mittelschullehrer und Altphilologe Wilhelm Note (Peter Pikl) hat „Hausanteilsscheine” gekauft, sich im Vertrauen auf das schnelle Geld überschuldet und nachdem das nicht so funktionierte, steht er vor dem Nichts. Seine Frau (Hanne Rohrer) verläßt ihn, sein Sohn
Die lesbische Liebe als Bild des Unbegreiflichen für einen „immer in der Mitte stehenden Mann” zeichnet Per Olov Enquist in seinem 1975 uraufgeführten Stück „Die Nacht der Tribaden”. In einer Inszenierung von Ansgar Haag an den Salzburger Kammerspielen erlebt der Betrachter in den Variationen von August Strind-bergs Liebe zu Siri von Essen-Strind-berg den Unterschied zwischen männlichem Verstehen und weiblichem Empfinden der Liebe.August Strindberg lebte in Scheidung von Siri von Essen, eine marginale Affäre war der vorgeschobene Grund. In Wirklichkeit war es das Nichtverstehen
„Das Vorurteil is eine Mauer, von der sich noch alle Köpf, die gegen sie ang'rennt sind, mit blutige Köpf zurückgezogen haben", sagt Titus Feuerfuchs in Johann Nestrays „Der Talisman" im Salzburger Landestheater. „Keine Posse zum Zurücklehnen und Lachen" sollte es werden, ein „Außenseiter" steht im Mittelpunkt der Inszenierung von Peter Gruber.Es ist aber kein verletzter oder verletzbarer Außenseiter mehr, sondern einer der das zu nehmen versteht, von dem er glaubt, daß es ihm zusteht. Es sind die Außenseiter von heute, von der Gesellschaft lange genug
Mit der Darstellung von Henrik Ibsens Drama „Peer Gynt" um Emanzipation und seelischen Zwiespalt gelingt dem Salzburger Landestheater ein Meisterwerk der Mischung zwischen Schauspiel, Ballett und der Musik von Edvard Grieg. „Peer, du lügst", so beginnt das Wechselspiel zwischen realer Welt und Feenwelt, in die sich der junge Peer aufmacht um „Kaiser" zu werden. Mit dem um Vertragstänzer aufgestockten Corps des Landestheaters ist Peter Breuer für den tänzerischen Ausdruck zuständig, während Bernd Dieter Müller für den Schauspiel-Teil sorgt. Griegs Musik ist beim
Meinung
Dem Familiendrama „Die Gespenster" verhalf Michael Jurgons in den Kammerspieleh Salzburg zu einer unspektakulären Aufführung. Das Ent- und Verdecken der Wahrheiten, die Anwesenheit von Gespenstern nehmen auch heute noch den Betrachter mit. Gestalten, die durch die ergrauten Wintergartenscheiben zu erahnen sind, Werte, die Pastor Man-ders (Karl Heinz Glaser) vertritt, die „verbotene" Literatur der Frau Helene Alving (Hanne Rohrer) der tote Hauptmann Alving repräsentieren sie. Der Sohn Oswald (Thomas Martin) erscheint anfänglich bläßlich, als das große Kind. Er entwickelt
Heimatlos, elternlos, wertlos? Die steirische Wirtshausoper in einem Rausch „Heimatlos“ von Reinhard P. Gruber und Anton Prestele in der Inszenierung von Stephan Bruckmei-er mit dem Ensemble des Kleinen Theater Salzburgs fand im Wirtshaus Urbankeller - bei Bier- und Zigarettendunst - statt. In der köstlichen Persiflage auf Heimatfilm mit einem kräftigen Nachschlag Gesellschafts-kritik spielen Christian Hofier den arbeitslosen Outlaw Erhard, Fritz Kohles einen schmierigen Wirt, Heinz Karner einen „schneidigen“ Jäger, Katharina Böhme die vollbusige Kellnerin und Roland Selva den
„5020" - Leitzahl eines neuen kulturpolitischen Auftrags in Salzburg? Als „Galerie 5020" eröffneten - mit der Vernissage von Christoph Steffner, Dominik Guggenberger, Hannes Metmitzer, Michael Schitter und Sylvia Kranwetvogl - die Mitglieder der IG Künstler und Künstlerinnen Salzburgs neue Ausstellungsräume. Auf Salzburgs „Galeriemeile", der Sigmund-Haffner-Gasse, entdeckte Kultur-Faktotum Herbert Fux 285 Quadratmeter Räumlichkeiten, die Stadt Salzburg mietete das Geschoß an, der „Verein 5020" zog als Untermieter ein. „5020" soll die „Galerie für
Mit kaum zu überbietender Intimität und Erotik reihen sich die nichtnarra^ tiven Sequenzen der „Disfigure Study (Entstellte Studie)“ von Meg Stuart I als eine Weiterentwicklung des Modem Dance aneinander. Mit den beiden portugiesischen Tänzern Car-Iota Lagido und Francisco Camacho schafft es Stuart, ausgebildet in New York, den teilweise zur Mache gewordenen Status des Modem Dance zu überwinden. Im Vorspiel baumeln männliche Beine von einem Tisch, sonst ist nichts zu sehen - langsam wird die am Boden liegende Lagido in Licht getaucht, sie küßt und beißt die Füße, die durch
„The Dragon's Trilogy“ von Robert Lepage, einstudiert vom Theatre Repėre, ein kanadisch-chinesisches Epos über einen Zeitraum von 50 Jahren, einstudiert in der Solereinigungshalle der Saline auf der Pemer- insel in Hallein, 12 km von Salzburg entfernt: Die Szene Salzburg will seit zwei Jahren ein europäisches Produktionszentrum etablieren, das ist damit nun geglückt. Im Vordergrund steht die Produktion, das Entwickeln von Kunst-Workshops. Ateliers und viel-leicht eine Schule sollen eine kreative „Insel“ bilden, ähnlich dem Kulturzentrum Theater am Turm (TAT) in Frankfurt. Seit der
Des königlichen Dramas um Liebe, Leidenschaft und Tod des Antonius und der Cleopatra nimmt sicri* der Belgier Jan Lauwers an, mit dem .kollektivem' Ensemble „Needcom-pany" spielt er mit geringem Aufwand Shakespeare und anders als Heiner Müller. In dieser Produktion aus Frankfurt bei der Salzburger Sommerszene werden Personen und Text des Shakespeare'sehen Vorbilds hochkonzentriert dargeboten.Die Szenen werden von den Protagonisten aus dem Originaltext herausgegriffen, gespielt oder wieder verworfen - Charmion (Grace Ellen Barkey) fungiert als Ansagerin, wenn sie das tut verwendet sie
Fünf kahle, weißgekalkte Gestalten im Widerspiel mit den archaischen Elementen, Wasser, Sand und dem Ei. Mit der Choreographie „Unetsu" eröffnete der Japaner Ushio Amagat-su mit seiner CompagnieSankaiJuku die Sommer Szene 1992 in Salzburg. Buto, die Kunst des individuellen Ausdrucks der dem Körper inhärenten Sprache hat sich um 1950 in Japan zu einem eigenen Stil des zeitgenössischen Tanzes entwickelt, aus der Tradition der fernöstlichen Kulturen und ihres Verständnisses für die Einheit von Körper und Geist. Nicht die exaltierte Gestik steht im Vordergrund, sondern der
„Mit mir nicht!" Ein Satz, den Kinder der Erziehungsarbeit ihrer Eltern häufiger entgegensetzen sollten - ein Satz, der von elterlicher Seite, immer wieder Ausdruck des Unverständnisses der kindlichen Gefühlswelt ist. „Mit mir nicht!" ist der Titel einer Show in 33 Bildern von Gustav Ernst in Zusammenarbeit mit dem Theater der Jugend (Wien) in den Salzburger Kammerspielen. In der Inszenierung von Hans Escher spielen Elisabeth Findeis, Veronika Steinbock und Wolfgang Michalek Eltern und Kinder. Quer durch alle Schichten sind Methoden und Worte der Erziehung dieselben. Die
Trotz der gescheiterten Zusammenarbeit mit den Salzburger Sommerfestspielen arbeitet die Szene Salzburg an einem ganzjährigen Programm im Salzburger Stadtkinosaal. 1992 werden es vorerst sieben Monate sein, da das ehemalige Kino noch immer nicht beheizbar ist. Neben dem internationalen Programm des Tanz- und Expe-rimentaltheaters während der Sommerszene werden künftig mindestens einmal monatlich „artists in residen-ce", Salzburger freie Produzenten, Veranstaltungen machen können.Eine der Salzburger Künstlerinnen in diesem Rahmen ist Editta Braun. Mit der Gruppe „Vorgänge"
Salzburg hat sein Programmkino wieder! Seit Mai 1989 wurde nur in unregelmäßiger Folge an verschiedenen Orten in Salzburg Kino für „andere" Ansprüche gemacht, dieser Tage wurde der Abschluß des Umbaus von „Das Kino" mit der Verleihung des „Österreichischen Würdigungspreises für Filmkunst" an Wolfram Paulus, Michael Haneke und Altfilmer Marc Adrian gefeiert. Im Keller der mittlerweile ausgehöhlten Fassade hatte die Salzburger Altstadterhaltung historische Gewölbe entdeckt, die würdig konserviert werden mußten. Bund. Land und Städte haben den Umbau gefördert,
Zwölf Geschworene sollen abstimmen, ob ein 19jähriger seinen Vater umgebracht hat und auf dem elektrischen Stuhl sterben muß. Der Salz-burgerTheatergruppe „Die Scherben" gelingt es, sich von der Verfilmung durch Sidney Lumet abzusetzen. Im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Salzburg herrscht die schwüle Hitze eines amerikanischen Sommertages, an dem zwölf einander völlig unbekannte Männer über Leben und Tod abzustimmen haben. Unter der Regie von Kurt Lenzbauer entwickelt sich eine lange und pak-kende Diskussion um Sicherheit und Zweifel, Wahrnehmung und Einbildung.
Indem er sich an Grillparzers Medea versucht, vergeht sich Horst Ruprecht in den Salzburger Kammerspielen am klassischen Argonauten-Stoff. Statt Größe in der Folge eines Seneca oder Euripides herrschen Enge, Farblosigkeil und Stilbrüche vor. Am Versuch, die Ästhetik eines Georges Tabori zu kopieren, scheitern Bühnenbild, Kostüm und Technik. Medea, dargestellt von Alexandra Tichy, muß die meiste Zeit ihren Zorn, ihr Rasen mit gepreßter Stimme vortragen, um sich nicht aus der Enge der Kammerspiele hin-auszuschreien. Ausgepumpt von der stimmlichen Anstrengung, bleiben ihr für mimische
Vater Ubu, der Exkönig von Aragon und hochdekorierter Vertrauensoffizier des polnischen Königs, putscht auf Geheiß seiner Frau mittels eines opportunistischen Hauptmanns gegen seinen Gönner, usurpiert den polnischen Thron und führt ein Schrek-kensregime, das seine archaischen Ideen zum Ausdruck bringt. Das Stück des 15jährigen Alfred Jarry war als Abrechnung mit dessen gehässigen Physiklehrer gedacht. In der Inszenierung von Horst Ruprecht arbeitet das Ensemble des Kleinen Theater in Salzburg allerjüngste Zeitgeschichte auf. Die Idee, den Moskau-Putsch zu zeichnen, gerät nicht über
Hundert Tage vordem Heiligen Abend eröffnete das Salzburger Landestheater mit Peter Turrinis Zweipersonenstück .Josef und Maria". Ein Wach-und Schließgesellschaftsangestellter und eine Raumpflegerin, beide knapp unter siebzig, schließen sich im Kaufhaus ein, und am Heiligen Abend somit die Gesellschaft aus, die sie längst ausgeschlossen hat. Josef (Fritz Muliar) und Maria (Julia Gschnitzer) mit ihren fortwährend gleichen Geschichten aus einer Zeit und einer Welt, die heute niemand mehr versteht, finden sich, obwohl beide die Suche nach dem Glück längst aufgegeben haben. Altsein in
Unter dem Titel „Den Namen Mozart wird man sich merken müssen..." begibt sich der „Circus Bassisimus" auf eine mozartkugelgelagerte Bustour durch ein Thema mit Variationen. Ein musikalischer Unterhaltungsabend, im Kleinen Theater Salzburg, in dem Franz Pillinger und sein Kontrabaßquartett das Publikum musikalisch witzig bis tiefsinnig in den Variantenreichtum des Baßgeigenspiels einführen, und Christian Wallner als Busfahrer und Notenwart den Unterhaltungsteil beisteuert.Wallner räsoniert über den ohnedies schon zur Realsatire verkommenen Festspielbetrieb und das Mozart
„Ab Morgen heißt du Sara" von Volker Ludwig und Detlef Michel, aufgeführt in den Kammerspielen des Landestheaters Salzburg, basiert auf dem autobiographischen Bericht der 1933 elf Jahre alten Inge Deutschkron „Ich trug den gelben Stern". Die Be-drängtheit einer Berliner jüdischen Akademikerfamilie von 1933 bis 1945, in deren Mitte Inge Deutschkron, das vife, vorlaute Kind, sie wursteln sich durch Arbeitslosigkeit, Emigration des Vaters, Wohnungs- und Arbeitsplatzwechsel. Am Ende siegen Chaos und weibliche Solidarität.Alle Darsteller sind Mitglieder der Schauspielschule des
Den nicht gerade glanzvollen Schlußakt der Sommerszene in Salzburg setzte die französische Gruppe „Roc in Liehen" mit ihrer Performance „Grenadier Weaver". Der gleichnamige afrikanische Webervogel sollte wohl mit seiner Leichtigkeit und Verspieltheit der Aufführung als Vorbild dienen, zumindest war Vertikal Danse angesagt, geworden ist es ein nur optisch und musikalisch anspruchs- volles Spektakel. Die Tänzer Laura de Nercy, Genevieve Mazin und Bruno Dizien tanzen zunächst ziem- lich ermattet in der Horizontale der Bühne und beginnen dann langsam sich an drei Freestylekletterwän-
Einen absoluten Kontrapunkt zum bisherigen Programm der Sommerszene setzte die „Compag- nie Josef Nadj" mit ihrem - wie es der in Paris lebende Ungar Josef Nadj bezeichnet - musikalischen Drama „La Mort del'Empereur". Es ist die imaginäre Chronik eines falschen Kaisers und seines Hof- staates, der durch obskure Kräfte beeinflußt wird. Dem Stück des ungarischen Literaturwissenschaft- lers Gyula Kodolanyi ist die inten- sive Auseinandersetzung mit der Weltliteratur anzumerken.Der Protagonist ist der Kaiser - oder fühlt er sich nur als Kaiser? - ständig begleitet von zwei Herren im
Auf Schloß Goldegg im salzbur- gischen Pongau machte sich der sowjetische Regisseur Anatoli Vas- siliev in „offenen Proben" an Luigi Pirandellos Stück „Questa Sera si recita a Soggetto" heran, in Wirk- lichkeit aber an das Publikum. Pirandellos Novelle „Leonora ad- dio", ein sizilianisches „Familien- stück", soll aufgeführt werden, aus dem Stegreif und in lose aneinan- der gereihten Bildern, wie der Regisseur des Stücks im Stück, mit einigen in das Publikum einge- sprengten Schauspielern auseinan- dersetzt.Die Schauspieler treten aus ihren Rollen heraus, um in ihrer Rolle als
Im Rahmen der Sommerszene '90 in Salzburg experimentierte „ The Wooster Group " mit Arthur Millers Schauspiel „Hexenjagd " in der Adaption der Woo????ter Group. „Just High Points (LSD) ", geschrieben anläßlich der McCarthy Hearings, verarbeitet die Idee der Legalisierung psychodelischer Drogen (Miller war mit der Dramatisierung seines Stückes nicht einverstanden). ßuf die Podiumslesung „verboteverbotener" Texte von Huxley, Koestler, Burroughs, Ginsberg und anderen, verfremdet durch Feedbacks und Videoinstallationen, folgt eine Anlehnung an die Hexenprozesse von Salem, verbale
(Salzburger Landestheater; „Maria Magdalena“ von Friedrich Hebbel) Mit dieser Inszenierung in den Kammerspielen gibt der aus Salzburg gebürtige Schauspieler Georg Schuchter sein durchaus gelungenes Regiedebüt. In straffer, stellenweise schlichter Inszenierung, verstärkt durch das Bühnenbild Knut Hetzers, führen Heidi Züger als einfühlsame und gleichzeitig disparate Klara und Hubert Berger als ihr Vater, rechtschaffen, tyrannisch, dem nichts mehr am Herzen liegt als der Ruf der Familie, die Abgründe und Zwiespalte einer gottgegebenen und von der Gesellschaft exekutierten Ehre vor.Es