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Morgen geht's uns besser

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Der bekannte Hamburger Soziologe legt zwei in einem Zwischenraum von vier Jahren geschriebene Abhandlungen zur Frage der sozialen Folgen der Automation vor, die in ihrem chronologischen Nacheinander ausweisen, wie sehr wir in wenigen Jahren in der Erkenntnis der Einwirkungen der Automatisierung auf unser i gesellschaftliches Leben weitergekommen sind.

Unter Verwertung umfangreichen Erfahrungsmaterials gibt der Verfasser in seiner bekannt .präzisen und von aller Ideologiebefangenheit freien Art der Darstellung einen Befund wie einen Katalog zum Teil noch ungelöster Probleme.

Dabei hält der Verfasser sich — seinem Fach entsprechend — von jedem Pessimismus ebenso frei (man denke an die Roboterutopien) wie von einem billigen Optimismus, der nur der unseligen Fortschrittsgläubigkeit des vergangenen Jahrhunderts vergleichbar wäre. Wohl aber ist Schelsky sich der moralischen Fragen bewußt, die uns die Perfektionierung der Erzeugungsweisen bringt.

Den Versuch, die sozialen Folgen der Automatisierung mit „Zweiter Industrieller Revolution“ zu klassifizieren, lehnt der Autor ab, weil er, was auch die sozialen Analysen beweisen, in den sozialen Entwicklungen keine Entwicklungs Sprünge feststellen kann. Vieles von dem, was man der Automatisierung zuschreibt, ist bereits durch das System der Massenfertigung bedingt.

Nicht gleicher Meinung kann man mit dem Autor in der Frage der Folgen der Automation auf die Freizeit sein, die gegenüber der Zeit des Aufbruchs des Systems der Massenfertigung erheblich geänderte Züge aufweist.

Was nottut, das ist nach Ansicht des Verfassers die Bewältigung der neuen sozialökonomischen und pädagogischen Probleme. Insbesondere bedarf es einer neuen Schichte von Technikern, die uns allenthalben fehlt, um eine im Prinzip sichtbare technisch-soziale Entwicklung weiterzuführen.

Morgen geht's uns besser. Ein Standardwerk der Automatisierung. Von A. G. Miller. Paul-Zsol-nay-Verlag, Wien. 380 Seiten.

Bücher über Automation zu lesen, ist kein reiner Genuß. Nicht für den Sozialwissenschafter. Und schon gar nicht, wenn er kein Techniker ist (wie der Referent). Trotzdem muß sich jeder, der die neuen Ehtwicklungsliuiea in unserer Gesellschaft, soweit sie vom Technischen und der Betriebsorganisation her bestimmt werden, verstehen und deuten will, mit dem Gebiet der Automation beschäftigen. Zum Unterschied von der Ersten Industriellen Revolution, der man erst gewahr wurde, als sie sich schon im Zustand der Reife befand, gehört es zum guten .Ton. von der Zweiten Industriellen Revolution zu ichreiben und sie zu schildern, ohne daß man sie in ihren Umrissen noch gesehen hat. Die Schilderer der neuen automatischen Fertigungsweisen und der Großrechenmaschinen machen es dem armen, mathematisch nicht sehr begabten Laien, der zudem noch kein Techniker ist, keineswegs leicht und setzen oft viel zuviel voraus, so daß viele meinen, die Automation sei eine Geheimwissenschaft, die man eben in ihren Folgen einfach zur Kenntnis nehmen müsse. Um so dankbarer muß man sein, wenn kundige Menschen, wie die Autoren des vorliegenden Buches, sich nicht scheuen, auch einmal Schwieriges einfach zu sagen und uns die komplizierten Apparate so zu schildern, daß man ihre Folgen zu verstehen vermag.

Im vorliegenden Buch wird von Fachleuten das Gesamtproblem der Automation geschildert, seine technische wie seine'soziale und seine psychologische Seite. Auch das Menschliche kommt nicht zu kurz. Wer noch nichts über die Automation in Buchform gelesen hat, dem sei das vorliegende Werk sehr empfohlen. Es ist dem Referenten mit Rücksicht auf den vorerst pädagogischen Zweck des Buches schwer, zu einzelnen Darstellungen wertend Stellung zu nehmen. Dem volksbildnerischen Anliegen, das der Abfassung des Werkes offensichtlich Pate gestanden hatte, ist jedenfalls in bester Weise Rechnung getragen worden, so etwa wenn von der Mangelware „Zeit“ ausgegangen wird, die eine der Antriebskräfte für den Einsatz der Maschine — auch jener im Rahmen der Automation — war. Wer gründliche erste Kenntnisse über das Gesamtproblem des geheimnisvollen Gegenstandes „Automation“ gewinnen will, dem sei das Buch nachdrücklich empfohlen.

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