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Der Gefangene

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Der Preis war von bedeutungsvoller Sinnbildlichkeit: eine Katakombenlampe, zum Schiff Petri umgestaltet, in vergoldeter Bronze und auf Marmot montiert, ein Werk des römischen Bildhauers Luigi Venturini. Auf der Rückseite des Segels waren Filmtitel und Jahreszahl eingraviert: „T h e Prisoner" („D er Gefangene“) 1956. Damit war der Große Preis des OCIC, der Internationalen Katholischen Filmzentrale, nachdem ihn ein Jahr zuvor erstmals der amerikanische Film „Die Faust im Nacken“ erhalten hatte, dem englischen Film Peter Glenvilles zugefallen. Einen Film „vom Kreuzweg der Gegenwart“ nannte ihn sein Schöpfer. Er hatte die Modellfälle zweier gepeinigter osteuropäischer Kirchenfürsten nicht direkt, sondern durch das Filter eines gleichnamigen Bühnenstückes von Bidget Boland herangezogen. Das erlaubte ihm vielfach Klärungen des (bis heute) Unklaren, Deutungen des (bis heute) Unverständlichen. Diese bühnen-filmischen Klärungen und Deutungen sind von messerscharfer Intelligenz, ebenso wie die beklemmende psychoanalytische' Studie dersbäidejj Darsteller1 Xifete Kardinal fei; Aleff-'GaintsdJ der.rStaatsanwält’' -a-Jack Hawkins).--Unleugbar aber geht-gerade von dieser' gescheiten Köftstftiktion'äüöh eine gewisse Kühle aus. Ich kann es nicht verschweigen: .Hätte man die zugänglichen Bruchstücke der Akten Mindszenty und Stepinac schlicht und getreu verfilmt, wäre vielleicht der. Eindruck stärker, unvermittelter, wärmer gewesen als die geradezu medizinische Sachlichkeit und Kälte, mit der dieser Film sein Publikum bis zur Erstarrung einfrieren läßt.

Irgendeine unsichtbare Schlinge Idgt sich auch ein zweiter großer Film der Woche um den Hals: „Sie kamen nach Cordur a“, dessen Uraufführung Hollywood in Wien 'Startete. Es liegt nicht an der prächtigen, großzügigen Inszenierung, keinesfalls an der Besetzung ohne Fehl und Tadel (Gary Cooper, Rita Hayworth, Van Heflin, Tab Hunter), vielleicht nicht einmal an dem gewaltigen Thema: Was ist Mut? Was ist Feigheit?, aber die ganze Geschichte ist irgendwie überdreht und zerdehnt. Es zieht sich bis Cordura, und nicht nur die Helden, auch das Publikum wird müde. Und gerade das dürfte man einem solchen Riesenfilm nicht nachsagen.

Das Team Grzimek (Vater und Sohn, „Kein Platz für wilde Tiere") ist zerstückt: bei den Dreharbeiten zu „Serengeti darf nicht sterben" ist' der Sohn Michael im vorigen Winter durch einen höchst ungewöhnlichen Flugzeugunfall in Afrika tödlich verunglückt. Der Film wurde vom Vater vollendet. Er ist vollendet und hält den strengsten Walt- Disney-Vergleichen stand. An weltanschaulicher Haltung ist er den Disney-Filmen über.

Es hat nie einen guten Gigli-Film gegeben. Aber

— hat es nicht einmal großartige Paula-Wessely-, Filme gegeben? „Die unvollkommene Ehe“ ist keiner . .. Und „1 000 Sterne leuchten“ sogar ein herzlich schlechter Toni-Sailer-Film.

Zu lachen gibt’s also diesmal nur über Amerikanisches: „Der falsche Revisor“ (nach Gogol, mit Danny Kaye) und Französisches: ,.G e- setz ist Gesetz“ (mit Fernande] und Toto, Regie Christian-Jacque. Und das ausgiebig und herzlich.

Filmschau (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Oesterreich), Nr. 36 vom 5. September 1959. III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Alle Tage ist kein Sonntag“, „Blaue Nächte“, „Das rote Signal“ ’, . „Tausend Sterne leuchten". — IV (Für Erwachsene): „Arzt aus Leidenschaft“, „Der Gefangene“ . — IV a (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Die Gefangene des Ku-Klux-Klan."

— VI (Abzulehnen): „Die Wahrheit über Rosemarie.“1

Bemerkenswerter Film.

Empfehlenswerter Film.

In wirtschaftspolitischen Belangen kommt es immer darauf an, daß man versucht, unter den sich bietenden Möglichkeiten jene zu wählen, die der Volkswirtschaft am meisten nützen. Nach diesem Grundsatz ist Oesterreichs Teilnahme an den europäischen Integrationsverhandlungen zu beurteilen. Zunächst haben wir das Werden der Europäischen Wirtschaftsgemeinschatf nur als Beobachter verfolgt. Wie immer sich der mühsame Weg zum Vertrag von Rom auch in seinen einzelnen Phasen gestaltete, so war es doch vom Beginn dieser Verhandlungen an außerordentlich erfreulich, daß es überhaupt einmal zu Integrationsgesprächen und damit zu Versuchen, eine europäische Wirtschaftseinheit vorzubereiten, gekommen ist.

Man mag nun das Ergebnis dieser Verhandlungen und die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes auf Grund des Vertrages von Rom in Einzelheiten noch so kritisch betrachten, über allem steht die Tatsache, daß es gelungen ist, ein Integrationswerk — und zwar ein umfangmäßig und inhaltlich ganz bedeutendes — zu schaffen.

Wer nur halbwegs die kommende Entwicklung der Weltwirtschaft zu überblicken vermochte, konnte von allem Anfang an nicht übersehen, daß der unter dem Begriff der Automation sich anbahnende Fortschritt der technischen Entwicklung große Wirtschaftsräume als Voraussetzung für eine sinnvolle Arbeitsteilung zwingend erfordert. Automation und Arbeitsteilung sind die Probleme, die von jeder Volkswirtschaft rasch gemeistert werden müssen, wenn sie mit der allgemeinen Entwicklung Schritt halten will. Was blieb also — wenn man es so ausdrücken will — dem in 18 oder 19 souveränen Volkswirtschaften auf gespalteten Europa .anderes übrig, als so rasch wie möglich jen Wege zu suchen, (ji 'ąijdi diesem alten Konti- nent Automation und Arbeitsteilung ermöglichen?

Daß diese ökonomische Entwicklung Erfolg haben muß, wenn das freie, demokratische Europa frei bleiben will, sei hier nur der Vollständigkeit halber bemerkt.

Es wäre Wunder und Aberglaube gewesen, hätte man erwartet, daß die europäische Integration rascher zustande kommen könnte, als dies der Fall ist, beziehungsweise, daß dieser bedeutende Prozeß ohne Reibungen hätte von- statten gehen können. Natürlich brachte der Vertrag von Rom den Vertragspartnern selbst, toch mehr aber den Außenseitern große und größte Schwierigkeiten. Trotzdem muß er als erster und ganz bedeutender Schritt zur europä-

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