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Planung der Gegensätze
Das Ministerium stellt in seinem Bericht fest, daß unsere Industrie, nicht zuletzt wegen des Mangels an Arbeitskräften, an der Grenze ihrer Produktionskapazität angelangt ist. Dennoch beschäftigt sich keine offizielle oder institutionelle Stelle in Österreich ernsthaft mit der Frage der Automation unserer Industrie. Es wird zuweilen eingewendet, daß die Klein- und
Mittelbetriebe, die wir vorwiegend in Österreich haben, kaum für die Automation geeignet sind. Nun haben aber erst vor kurzem in Großbritannien sämtliche Betriebe, welche Maschinerie für die Automation von Klein- und Mittelbetrieben (derer es dort nämlich auch gar nicht wenig gibt) erzeugen, in einer Kollektivausstellung demonstriert, welche Möglichkeiten es auf diesem Gebiet in Wirklichkeit gibt. Man kann daraus ersehen, wie weit wir hinter anderen Ländern zurück sind. Zu solchen gehören übrigens nicht nur das hochentwickelt Großbritannien, sondern andere, denen gegenüber wir uns unserer vorgeschrittenen Verhältnisse zu rühmen lieben: zum Beispiel die Tschechoslowakei.
Wie wenig es aber bei uns in bezug auf Planung gibt, wurde durch die (noch lange nicht behobene) Krise in unserem Kohlenbergbau offensichtlich — womit wir auch bei der letzten Sektion des Handelsministeriums, der Obersten Bergbehörde, angelangt sind. Unsere Kohlengruben wurden nach 1945 im Interesse der Produktionsfähigkeit der übrigen Industrie ausgebaut und rationalisiert. Nun, da Mineralöl, Erdgas und Wasserkraft eine bestimmte Höhe ihrer Entwicklung erklommen haben, überläßt man die Kohlengruben sich selber, nämlich ihren Produktionsüberschüssen und dem Defizit. Vizekanzler Pittermann hat unlängst vorgeschlagen, den Kohlenbergbau durch einen Pool, eine Koordinierung sämtlicher Energieträger, zu sanieren.
Wenn darunter verstanden werden soll, daß die zu hohen Preise der Kohlenproduktion auf Kosten der niedrigeren .Preise der übrigen Energie- prodüzenten gesenkt werden, dann wird man bei niemandem außer den Kohlenproduzenten viel Liebe dafür gewinnen. Etwas anderes wäre es, wenn darunter die Planung der Vorwärtsentwicklung des Energiebedarfs unserer Wirtschaft verstanden werden könnte. Im Rahmen eines solchen Vorhabens, welches immerhin den Anfang für die sich aus der europäischen Integration ergebende Planung der Ausdehnung unserer industriellen Kapazität machen könnte, würde die Frage unseres Kohlenbergbaues im Vorbeigehen gelöst werden. Wenn man sich aber bei uns schon zusammensetzt, um zu planen, so nur um auf Junktimbasis völlig verschiedene Anliegen, die einem besonders am Herzen liegen, im Austausch durchzusetzen. Ansonsten verstehen alle bei uns unter Planung und Lenkung nur die Preis- und Lohnkontrolle. Wie man denn überhaupt hierzulande immer Kontrolle mit Planung und Lenkung gleichsetzt Das ist anscheinend deshalb so, weil die erstere auf den viel älteren bürokratischen Traditionen beruht, indes unter den anderen immer nur staatliche Einmischung und Diktatur aller Arten und weniger demokratische sachliche Klärung verstanden wird. Das französische Beispiel zeigt Jedoch, daß es sehr wohl so etwas wie eine Planung des Wachstums einer vorwiegend privaten Wirtschaft geben kann.
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