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Digital In Arbeit

Im Banne der Automation

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IM BANNE DER AUTOMATION. Die industrielle Revolution. — Von Watts Dampfmaschine zu Automation und Atomkernspaltung. Von Max Pietsch Band 93 der Herder-Bücherei. 190 Seiten.

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IM BANNE DER AUTOMATION. Die industrielle Revolution. — Von Watts Dampfmaschine zu Automation und Atomkernspaltung. Von Max Pietsch Band 93 der Herder-Bücherei. 190 Seiten.

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Unkenntnis der technologischen Vorgänge und der ökonomischen Sekundärwirkung dessen, was man Automation nennt, führt zuweilen zu Prognosen, etwa einer völligen Entpersönlichung des Fertigungsprozesses, und zur Annahme einer im letzten sinnlosen Einführung neuer technischer Produktionsweisen. Auf diese Weise kommt so etwas wie eine Maschinenstürmerei neuer Art auf, eine Animosität gegenüber dem Technischen an sich.

Der Verfasser, Sozialwissenschaftler, Betriebswirtschaftler und ausgebildeter Techniker in einer Person (Dekan der Fakultät für Maschinenbau an der Technischen Hochschule Graz), geht in seinem vorliegenden Buch an eine Darstellung der industriellen Revolutionen, deren es, wenn wir wollen, eine unübersehbare Zahl gibt, sowohl mit den Kenntnissen des Technikers wie des Sozialökonomen heran, was seiner Darstellung eine willkommene Abrundung gibt.

Zuerst wird ein geschichtlicher Befund geboten, von der Epoche der Naturalwirtschaft bis zur gegenwärtigen Entwicklung, welche durch den Kapitalismus grundgelegt worden ist. Der Kmitalismus war nicht nur ein System von ungerechter Verteilung des Sozialproduktes und der Ausbeutung (Mehrwertentzug als Quelle der Selbstfinanzierung), sondern half auch jene Fonds bilden, aus denen schließlich die Sozialpolitik finanziert wie das gewachsene originäre Einkommen entnommen wurde.

Anderseits ist ein „Unbehagen” gerade angesichts der Effekte der modernen Sozialpolitik unverkennbar, will man doch die Gefahr einer Rentnergesellschaft nicht mehr übersehen können.

In kundiger Darstellung — hier tritt wieder der Techniker in den Vordergrund — werden sodann jene natürlichen Antriebskräfte geschildert, welche der industriellen Revolution von der technischchemischen Seite her stets neue Impulse geben. Im zweiten Teil der Arbeit geht der Verfasser unmittelbar auf die neuesten technischen Entwicklungen ein.

In einem weiteren Teil der Arbeit wird auf die „Gestalt des arbeitenden Menschen“ eingegangen, der einerseits — als Ganzes — heroisiert wird und anderseits als einzelner oft „Unperson“ ist. Der Autor meint, daß die Arbeiter, ehedem als denkende Maschinen behandelt, nun von der physischen Arbeitslast weitgehend befreit sind. Im Gegenteil. Jetzt erst entdeckt man das, was man die „Seele des Arbeiters“ nennt, und macht in diesem Zusammenhang geradezu klinische Experimente.

Den Abschluß des Buches bildet eine Darstellung der Gesellschaft in der Situation der Güterfülle, der Bildtmgs- wit der Konsumgesellschaft.

Man kann das Buch nach allen Seiten empfehlen, Technikern und Sozialwissenschaftlern ebenso wie Humanisten, die sich ein Bild des „gegenwärtigen Zeitalters“ zu machen und sich zu diesem Zweck an den Realitäten zu orientieren wünschen.

AUTOMATION IN WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT. Von Hans G. Schachtschabe 1. Rowohlts deutsche Enzyklopädie Nr. 124. 174 Seiten. Preis 2.20 DM.

•Die Automation liegt für den Autor im Schnittpunkt sozialer und wirtschaftlicher Überlegungen, ist aber auch von wesentlicher sozialer Relevanz, ein Umstand, der sich bereits in dem vom Autor verwendeten Begriff der Automation selbst ausweist, die nicht nur als eine • technische, sondern auch als eine organi satorische Verfahrensweise der Produktion begriffen wird.

Neben sachkundigen Verweisen zur Technik der Automation bietet der Autor eine umfangreiche Einführung in die Kybernetik (der Lehre von der Regelund Steuerungstechnik) wie in die Bereiche jener Verfahren, die der Beschleunigung in der Durchführung rechnerischer Aufgaben dienen (Transfermaschinen, Automatik in Regelung und Steuerung sowie in der Kontrolle im Rahmen des Einsatzes von elektronischen Kalkulatoren). Bei den kybernetischen Maschinen erwähnt der Autor auch die „Wiener Schildkröte“ des Dozenten an der Technischen Hochschule Wien, Dr. Heinz Ze- manek, die sich im Wattbewerb mit vergleichbaren Geräten als wendiger erwiesen hat.

ln den Hinweisen auf die vollautomatische Fabrik schildert der Verfasser, unterstützt von außerordentlich instruktiven Zeichnungen, die von keiner menschlichen Intervention unterbrochenen Fertigungsvorgänge.

Der zweite Teil der Arbeit ist der Untersuchung der wirtschaftlichen Problematik der Automation gewidmet, wobei die Anwendungsgebiete der automatischen Fertigung geschildert und bisher der Öffentlichkeit noch unbekannte Anwendungsbereiche dargestellt werden.

Die eigentliche Bedeutung der Automation liegt — eine Meinung, welcher sich auch der Referent anschließt — in der sozialökonomischen Sphäre, insbesondere in der Region der Stückkosten und bei den Anschaffungen für die Aggregate. Die allgemeine Neigung zur industriellen Konzentration und das Bemühen der Konstitution optimaler Betriebsgrößen fördern die Entwicklung einer Automatisierung der Fertigung. Nun kann man aber die Automation nicht allein von der Erzeugungsseite her sehen, ist sie doch ebenso ein Problem des Absatzes und dies in einem wachsenden Umfang, da mit der Fixierung der Aggregatgrößen auch die Ausstoßmengen weithin vorgegeben sind. Die Folge ist Anbotszwang.

Bei aller positiven Einstellung zur Automation (als Wirklichkeit) vermeidet es der Autor nicht, auch die unter Umständen bedenklichen konjunkturellen Fragen und die Krisenanfälligkeit automatisierter Betriebe in den Kreis seiner Erörterungen einzubeziehen. Ebenso sieht der Autor es für notwendig an, auch auf den Verweis von Arbeitskräften durch die Automation Bedacht zu nehmen und somit das gewichtigste der sozialen Probleme zu erwähnen, welche der Automation entstammen. Das Buch hat den Charakter einer enzyklopädischen Darstellung des gesamten Problems der Automation.

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