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UNTER DER AKROPOLIS VON VEUA

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Von kleinasiatischen Phokäern gegründet, von den Römern als Hafen ausgebaut, beim Eisenbahnbau vor 100 Jahren wiederentdeckt - in Elea/Veiia südlich von Neapel entsteht ein reizvoller Archäologiepark.

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Von kleinasiatischen Phokäern gegründet, von den Römern als Hafen ausgebaut, beim Eisenbahnbau vor 100 Jahren wiederentdeckt - in Elea/Veiia südlich von Neapel entsteht ein reizvoller Archäologiepark.

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Wenn es Budget und Zeit erlauben, gräbt Fritz Krinzinger vom Institut für Klassische Archäologie

der Wiener Universität mit seinen Studenten zweimal pro Jahr in Velia in Unteritalien südlich von Neapel. Eines der Ziele seiner Forschungen besteht darin, in Zusammenarbeit mit der So- printendenza Archeologica Salerno (Archäologisches Denkmalamt Salerno) eine Machbarkeitsstudie für einen Archäologischen Park mit neuen Ausstellungsmöglichkeiten, Besichtigungswegen und den notwendigen Rastplätzen zu erstellen.

Die unter dem altionischen Namen Elea bekannte griechische Kolonie besaß in der Antike als Sitz einer Philosophenschule einen glänzenden Namen. Gegründet wurde Elea um 540 v. Chr. auf jungfräulichem Boden von kleinasiatischen Griechen aus Phokaia nördlich von Smyrna (türkisch Izmir). Nach Hero- dot, dem griechischen Geschichtsschreiber des fünften Jahrhunderts v. Chr. hatten die Phokäer weite Handelsbeziehungen, unternahmen Schiffsreisen über Gibraltar („Säulen des Herkules“) hinaus bis nach England und hatten bereits um 600 v. Chr. östlich des Rhone-Deltas die Kolonie Massalia (Marseille) geschaffen.

Nach Platon (427 bis 347 v. Chr.) waren Parmenides und Ze- non die bedeutendsten Bürger der jungen Stadt. Sie verstanden die Welt als in sich ruhendes, mit dem Denken identisches Sein und vertraten den Grundsatz, daß „aus nichts nichts wird “.Den Römern, unter denen Elea zum Municipium Velia wurde, galt Parmenides nicht nur als Naturphilosoph, sondern auch als Begründer einer medizinischen Schule. Im siebenten Jahrhundert n. Chr. wurde Velia — wohl wegen Verlandung der Häfen - aufgegeben. Ein Großteil der Bevölkerung zog in das neugegründete, zwölf Kilometer entfernte Novi Velia.

Wiederentdeckt wurde das einst aus zwei Häfen, einer Akropolis und einer sich nördlich und südlich dieses Hügelrückens ausbreitenden Unterstadt bestehende Elea/Velia vor rund 100 Jahren im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbau.

Von 1920 bis 1950 grub einer der bekanntesten italienischen Archäologen, der Ausgräber von Pompeji, Amadeo Maiuri, in der griechisch-römischen Stadt. In den sechziger Jahren nahm So- printendent Mario Napoli die Forschung auf. Er entdeckte unter anderem im Areal eines römischen Baukomplexes in der Unterstadt eine Reihe von Ärzte- bildnissen der eleatischen Schule - darunter den prachtvoll gearbeiteten Kopf des Parmenides aus Marmor — und fand die großartige Porta Rosa.

Dieses aus 320 v. Chr. stammende Verbindungstor zwischen Nord- und Südstadt gehört zu den ältesten Rundbogengewölben der westgriechischen Welt und war bis zur römischen Sni- serzeit in Verwendung gestanden. Als die Bevölkerung die Nordstadt verließ, mauerte sie die Porta Rosa zu. 1969 nahm

der deutsche Archäologe Bernhard Neutsch Untersuchungen auf der Hangsiedlung der Akropolis auf. Seit 1971 gräbt der Österreicher Fritz Krinzinger, der Nachfolger von Neutsch als Grabungsleiter ist. Auch im stark verfallenen kleinen Theater auf der Akropolis, die bis heute von einem Rundturm, dem Rest einer gewaltigen Befestigungsanlage der Anjou-Könige (13./14. Jahrhundert) beherrscht wird, wurde gegraben. 1991 und 1992 fanden die Archäologen unter dem Baukomplex der sogenannten Insula II zwei archaische Lehmziegelhäuser aus dem fünften und vierten Jahrhundert v. Chr. und auf dem Bergrücken zwischen Akropolis und Porta Rosa ein mehrmals repariertes Haus aus dem sechsten Jahrhundert v. Chr.

Nun konzentrierten sich die wissenschaftlichen Untersuchungen wieder auf den Bereich der Akropolis. Im Hinblick auf die Verwirklichung eines Archäologischen Parks steht aber besonders das seinerzeit 5.000 bis 7.000 Personen fassende Theater im Mittelpunkt des Interesses.

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