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Das Problem Wiener Neustadt

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Wiener Neustadt, an Stells eines,.; kleinen Fischerdorfes errichtet. das. um eine Kirche.,gedrängt, kaum mehr als zehn Häuser umfaßte, wurde aus strategischen Gründen zu einer Festung ausgebaut, um den aus dem Osten einfallenden Reiterscharen Widerstand zu leisten. Der Nutzen dieser Gründung wurde .in der Folge vielfach bewiesen. Die Stadt wurde Bischofsitz, Residenz der Babenberger und unter Friedrich III. Kaiserstadt.

Gerechtsame und Privilegien belohnten die Treue seiner Bürger, belebten Handel und Wandel und ermöglichten die Errichtung von weltlichen und kirchlichen Bauten und Denkmälern, die Wiener Neustadt nach Aeneas Sylvius, dem an der Renaissance geschulten Gelehrten und späteren Papst, zur „schönsten Stadt in deutschen Landen” machten.

Nach der Beseitigung der Türkengefahr, aber auch durch das Fortschreiten der . Kriegstechnik, verlor Wiener Neustadt seine Bedeutung als Feste. Wiener Neustadt blieb große Garnisonsstadt, die besonders durch die Theresianische Militärakademie weithin bekannt wurde.

In den achtziger Jahren brachte die Industrialisierung einen unerhörten wirtschaftlichen Aufschwung sowohl für die Stadt als auch für ihr gesamtes Hinterland.

Flugzeuge. Autos und Lokomotiven trugen den Ruf Wiener Neustadts und ihrer Erzeugnisse in alle Welt.

Die „Am Mittel” und in Wollersdorf errichteten Munitions- und Ausrüstungsfabriken des Heeres gaben Tausenden von Arbeitern Brot und Verdienst.

Die Folgen des ersten Weltkrieges, der darnach einsetzende Schrumpfungsprozeß in der Wirtschaft, wirkte sich in Wiener Neustadt verheerend aus. In der Zwischenkriegszeit zählte Wiener Neustadt die meisten Arbeitslosen.

Anfänge einer Wiederindustrialisierung wurden nach 1934 eingeleitet, sie mündeten in den großen Rüstungsbetrieben, die Wiener Neustadt die Bombardierungen eintrugen, so daß die Russen 1945 in eine total zerstörte Stadt eindrangen. Was die Bomben verschonten, wurde durch Plünderung, Feuer und durch eine plan.

Seit dieser Zeit wiederholt sich scheinbar der Zustand der dreißiger Jahre, gemildert lediglich durch die Behebung der Bauschäden, die das bittere, geflügelte Sprichwort schufen: „Wir müssen den Amerikanern dankbar sein, daß Sie unsere Häuser zerstörten, denn von was sollten wir sonst leben!”

Trotzdem hat Wiener Neustadt wie eh und je Aktiven aufzuweisen, die, richtig ausgenützt, die wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen würden.

Das sind:

die günstige verkehrsgeographische Lage;

das große Einzugsgebiet;

das Reservoir an technisch gut geschulten

Arbeitskräften„

die weiten Flächen billigen Baugrundes.

Die Errichtung eines zentraleuropäischen Flughafens, der in Oesterreich nur im Raum von Wiener Neustadt möglich ist, wäre eine weitere Chance für unsere Stadt, aber auch für ganz Oesterreich — schon plant man, durch die etwas nachlässige Behandlung dieser Frage ermutigt, einen solchen Flugplatz in der ČSR zu errichten.

Die Einbeziehung unserer Stadt in den Fremdenverkehr wäre sowohl nach ihrer Lage — mitten in den schönsten Ausflugsgebieten von Niederösterreich — möglich als auch im Hin- ‘ blick auf die vielen in Oesterreich einmaligen Kunštšdiatzč-’ und BaudenkmaPer, die Wiener Neustadt trotz Brand, trotz Bomben und trotz des Unverstandes, der viel für zusätzliche Zerstörung verantwortlich ist, aufzuweisen hat.

Notwendig wäre aber, daß die Frage der Wiedergesundung und wirtschaftlichen Wiederbelebung der kriegszerstörten Gebiete von einer zentralen Stelle aus bearbeitet würde, daß die Errichtung von Industrien, aber auch von kleineren Betrieben planmäßig gefördert würde und daß durch neuartige Finanzierungsmethoden und nięht als gesundet betrachtet werden, solange neuralgische Punkte wie der Raum von Wiener Neustadt bestehen.

Die Wiener-Neustädter Ausstellung gibt alljährlich Gelegenheit, die beachtenswerte Entwicklung des Viertels unter dem Wienerwald im Querschnitt zu betrachten. Diese Ausstellung wird auch immer wieder benützt und benützt werden, die Möglichkeiten einer intensiven Wiederindustrialisierung und wirtschaftlichen Wiederbelebung aufzuzeigen und den guten Willen, der zweifelsohne bei den maßgeblichen

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