Romeo stirbt wieder für Julia

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1832 gab es die Novität von Bellinis "Romeo und Julia“-Oper schon in Graz. Deutsch gesungen, aber schon damals als Probegalopp für die erste Aufführungsserie in Wien (Theater in der Josefstadt), die die Finessen der Partitur durchzusetzen vermochte. Italienisch kam die Oper dann erst 1839 auf die Bühne. Der antiwelschen Propaganda fiel die formal angeblich überholte Belcanto-Oper dann für mehr als hundert Jahre zum Opfer. Erst Giuseppe Patané vermochte das Werk 1977 mit Sona Ghazarian und Agnes Baltsa an der Wiener Staatsoper zu rehabilitieren.

Graz hat von Klaus Bachler aus München die ganz neue Produktion des französischen Teams Vincent Boussard (Regie), Vincent Lemaire (Bühne) und Christian Lacroix (Kostüme) gleich nach der im März gefeierten Premiere ausleihen können, weitere Aufführungen bieten die Münchner Opernfestspiele im Juli. Wie in München singt auch in Graz ein junges Team. Die Polin Anna Siminska ist eine leicht höhengängige zarte Beinah-Soubrette mit wenig Farbe, aber elegantem Leidenston, als Giulietta durchaus rollendeckend.

Zurückhaltende Personenregie

Die Deutsche Dshamilja Kaiser schlüpft mit Aplomb in die Hosen des bei Bellini auch politisch aufmüpfigen Romeo, spielt szenisch beherrschender (als ihr von der zurückhaltenden Personenregie zugestanden) den schmerzblinden Liebhaber, der sich vergiftet, ehe Giulietta aus dem verhängnisvollen Beinahtodesschlaf erwacht, und phrasiert streckenweise, als ob sie schon seit Jahren von Mozart bis Rossini nur die feinfühligsten Kantilenen trainiert hätte: ein persönlicher Triumph. Als Rivale Tebaldo mit bemühten Höhen gibt Marlin Miller alles, was seine Stimmbänder hergeben. Sichere dunkle Farben steuern der Hausarzt Lorenzo (David McShane) und der racheblinde Capellio (Wilfried Zelinka) bei.

Auch wenn die Zeichengebung ein wenig gewöhnungsbedürftig scheint, schafft der Schweizer Dirigent Daniel Klajner mit dezenter Hand Lyrismen wie Aufruhrlärm, ohne seine Sänger dynamisch zu malträtieren. Die durchgehend hochgestylte Optik des Abends wird nur einmal durch einen unseligen Regie-Einfall konterkariert: Giulietta muss unmotiviert für ihre erste große Arie auf eine Art Waschbecken klettern und ohne Halt ihre komplizierte Gesangslinie unbeirrt über die Rampe bringen. Anhaltende Bravochöre für alle musikalisch Beteiligten, die Münchner Abendregisseuse Georgine Balk kam ohne einen Buhruf davon.

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