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Folgen der Weizendiplomatie

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Wandert das maoistische Schreckgespenst bereits in den beiden Amerika, von Chile bis Kanada, herum? Die lateinamerikanischen Länder haben ihre Tupamaros. Die USA haben ihre „Schwarzen Panther“, mexikanischen und indianischen Revolutionäre, den „Roten Drachen“ der Jugendlichen chinesischer Abstammung in San Franzisko.

Und Kanada hat auch seine immer röter (und gelber) gewordene FLQ — die franko-kanadischen Separatisten von Quebec, die nacheinander den britischen Handelsattache Gross und den quebec'schen Arbeitsminister Laporte als Geiseln zur Freilassung von 23 politischen Gefangenen entführt haben.

Das Ziel dieser Bewegung ist bekannt: die Gründung einer sozialistischen unabhängigen Republik Quebec. Die erste Phase ihrer Arbeit ist Propaganda. Die zweite Phase sind die Terroraktionen. Die dritte Phase ist die „Nicht-Zusammenarbeit des ganzen quebec'schen Volkes mit den anglo-kanadischen Behörden“. Jetzt ist die zweite Phase im Gange. Ob die dritte je kommen wird, bleibt dahingestellt.

Das Ausbdldungsprogramm der FLQ umfaßt außer Waffenbedienung auch Ideologie mit dem Studium der

Guerillatheorien Algeriens, Kubas und Rotchinas, wobei natürlich der Mao-Gedanke Vorrang hat Ihre militärischen Ausbildner kommen von der kubanischen Botschaft in Ottawa und dem Kuba-Konsulat in Montreal. Es gibt auch Agenten aus China. Obwohl dies der kanadischen Polizei schon lange bekannt war, unternahm sie nichts, weil „die innen- und außenpolitischen Faktoren fordern“, daß dies momentan nicht veröffentlicht werde.

Im Gebirge rund um Quefbec soll es bereits 1965 50 solcher Trainingszentren gegeben haben, mit jeweils 300 bis 500 jugendlichen Terroristen. Die Zahl ist heute sicher gestiegen. Seit 1962 führte die kanadische Einwanderungsbehörde eine neue Irnmi-grationispoiiitik ein, die den Ostasiaten, vor allem Chinesen aus Hongkong, massenweise ohne rassische Diskriminierung (wie früher) die Einwanderung nach Kanada ermöglicht. Aber erst am 3. Oktober 1966, als das Department of Manpower and Immigration gegründet wurde, bekam die „aktive Einwanderungspolitik“ (Jean Marchand) den eindeutigen Einschlag. Ottawa hofft, auf diese Weise einen Ausgleich für 'die Franko-Kanadier-Frage im Osten des Landes finden zu können. Die Chinesen leben hauptsächlich im Westen, vor allem der Provinz Britisch-Kolumbien (B. C). In Vancouver, B. C, gibt es viele subversive Elemente der KPCh, die auf den Einwanderungswellen hierher mitgeschwommen sind. Bis zum Dezember 1968 gab es schon mehr als 2000 offizielle Mitglieder der KPCh., die bei der kanadischen Regierung registriert sind. Sie genießen nicht nur die Vorteile der gesetzlichen Legalität der KP, sondern auch der Legalität des freien Besitzes von Feuerwaffen, und deshalb ist eine große Anzahl der KPCh.-Mit-glieder in Kanada mit Pistolen bewaffnet.

Als das nationalchinesische „Chung-Hua-Ensemble“ Vancouver besuchte, konnten die KPCh.-Anhänger sogar verhindern, daß die nattanalchinesi-schen Vereine auf dem Flughafen das Ensemble willkommen hießen, obwohl es damals noch ein Generalkonsulat Taiwans in Vancouver gab. Peking benutzte den Weizenkauf aus Kanada und Australien oft als Druckmittel für die Außenpolitik. Absichtlich kaufte Peking dann und wann mehr von Australien. Aber im ganzen stieg die Gesamtsumme des Handels zwischen Kanada und China Jahr für Jahr, und das ist wohl auch der Grund der Anerkennung Pekings durch Ottawa. Die „Weizendiplomatie“ ist zwar der Hauptgrund der Liebe Kanadas zu Rotchina, aber Ottawa will dadurch offensichtlich auch den Wind aus den Segeln der separatistischen Bewegung von Quebec nehmen. Ottawa hat „sein“ China-Problem nun endgültig geregelt Dar nationalchinesische Botschafter in Ottawa muß die Fahne Taiwans vom Hause Württemberger Straße 201 (ehemals Wohnung des kanadischen Premierministers und dann Botschaftsgebäude Nationalchinas) herunterholen.

Eine KP Kanadas chinesischer Prägung „Communist Movement of Canada“ wurde mit Pekings Hilfe gegründet. Eine der drei chinesischen Tageszeitungen in Kanada, die „Chinese Times“ (Ta Han Kung Pao) in East Pender Street 1, Vancouver, die früher das Organ einer überseechinesischen Partei Chih Kung Tang war, wird nun von KPCh.-Leuten konitroUiert.

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