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Lichtblick aus Quebec: Liberale im Vormarsch

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In Montreal wurde der Direktor des Archambault Zuchthauses, Michel Roy, erschossen. Telefonische Drohungen lassen auf weitere geplante Gewaltakte gegen leitende Justizbeamte schließen. Gerade in diesem „Archambault Prison“ sind Separatisten-Terroristen wie Paul Rose inhaftiert, die 1970 den Quebecer Arbeitsminister Pierre Laporte ermordet hatten. Kronanwalt Blais nahm die telefonischen Drohungen „außerordentlich ernst“ und ordnete besondere Schutzmaßnahmen an.

Inzwischen behauptete der konservative Abgeordnete Tom Cossitt im Parlament, daß Waffen für die „Quebecer Stadtguerillas“ - unter anderem auf kubanischen Schiffen - nach Quebec geschmuggelt wurden. Cossitt berichtete weiter, daß sich nun 15 Kanadier, die in der „Terroristenschule Finsterwalde (DDR) trainiert wurden“, in der Provinz aufhalten. Der Parlamentarier zitierte Robin Bourne, einen hohen Beamten des Sicherheitsdienstes, der erklärt hatte, Terrorakte würden bald in ganz Kanada stattfinden.

Auf Grund des ungewissen Ausgangs der Volksabstimmung über die Zukunft von Quebec - Provinz oder Republik? - ist die Wirtschaft in eine noch ärgere Krise geschlittert. Der sozialistische Abgeordnete David Orli-kow führte bei einer Veranstaltung in Winnipeg an, daß eine Ursache für die Popularität der Separatisten gerade unter den Jugendlichen Quebecs die große Arbeitslosigkeit sei. Tatsächlich arbeiten Quebecs Fabriken im Schnitt zur Zeit nur mit 75 Prozent ihrer Kapazität.

Auch Andre Marcil, Präsident der

Montreal City Savings Bank, ist pessimistisch: „Minister, die zum Großteil keine Erfahrungen in der Wirtschaft haben, treffen wichtige ökonomische Entscheidungen aus ideologischen Gründen.“ Marcil meinte außerdem, daß das schlechte wirtschaftliche Klima in Quebec auf den Auszug von Konzernen, die nunmehr geringer werdenden Investitionen und die Arbeitslosigkeit- die bereits eine gefährliche Höhe erreicht habe - zurückzuführen sei.

Wie aus einer kürzlich veröffentlichten Meinungsumfrage hervorgeht, ist es den Liberalen gelungen, in Quebec ungewöhnliche Terraingewinne zu erzielen. Unter der Führung des diskreditierten und inzwischen in der politischen Versenkung verschwundenen Premiers Robert Bourassa, sank die Zahl der liberalen Abgeordneten im Parlament von Quebec von 102 im Jahre 1973 auf 26 Parlamentarier im November 1976. Seitdem aber Claude Ryan, der „Mann vom Le Devoir“ -wohl der angesehenste Journalist Quebecs - seine Kandidatur für die Position des liberalen Parteiführers ankündigte, geht es wieder aufwärts. Heute sind die Liberalen, für die sich 41 Prozent aussprechen, bloß zwei Prozent hinter der separatistischen „Parti Quebecois“, ein Gewinn von neun Prozent seit der Meinungsumfrage im Oktober.

Das ist ein Lichtblick aus Quebec, der nicht unterschätzt werden darf. Und das zu einem Zeitpunkt, in dem Lichtblicke aus „La Belle Province“ Seltenheitswert haben.

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