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Digital In Arbeit

„Ihr müßt glühen vor Begeisterung”

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Ganz im Zeichen des globalen Wandels der Arbeitswelt stand der 19. Landestag des Wiener ÖAAB, der Arbeitnehmerorganisation der ÖVP. „50 Kilometer vor den Toren Wiens haben wir es mit einer völlig anderen Arbeitsmarktssituation zu tun; darauf müssen wir uns einstellen”, sprach der niederösterreichische ÖA/\R-Chef Werner Fasslabend an, was vielen Arbeitnehmern heute unter den Nägeln brennt. Noch stärker von der positiven Seite zäumte ÖVP-Ob-mann Wolfgang Schüssel seine Grußworte auf: „Der ÖAAB war im: mer die innovativste Kraft der Volkspartei”, ihr „Rückgrat”, streute ein blendend gelaunter und locker parlierender Schüssel den Delegierten Rosen. Gerade angesichts der Herausforderungen, mit denen sich eine Arbeitnehmerorganisation heute konfrontiert sieht, müsse der ÖAAR „glühen vor Regeisterung”.

Diese vom ÖAAE eingeforderte Begeisterung soll wohl hinführen zu jenem noch größeren Jubel der Gesamtpartei und ihres Obmanns, den Schüssel vor dem Landestag einmal mehr anvisierte: für die nächsten Nationalratswahlen nämlich, wenn „wir die Chance haben, Erste zu werden in diesem Land”.

Die Lehren aus den letzten Wahlen, bei denen die ÖVP auch Erste wurde, die aber eben „nur” Europa-Wahlen waren, zog der scheidende Obmann des Wiener AAB, Walter Schwimmer. Seiner Person sowie der Wahl seines Nachfolgers, des 39 jährigen Landtagsabgeordneten Matthias Tschirf, galt das Hauptaugenmerk des Landestages. Schwimmer interpretierte die Ergebnisse des 13. Oktober aus der - nur teilweise erfreulichen - Perspektive eines VP-Arbeitnehmervertreters. 1 atsache sei, daß es keine Gesetzmäßigkeiten in der Politik gebe: „Auch Straßenbahner und Gemeindebaubewohner wählen nicht zwangsläufig rot” -immerhin, nur „leider” (Schwimmer) auch (noch?) nicht schwarz, sondern blau. Doch im prinzipiellen Aufbrechen der klaren Wählerfronten erblickt Schwimmer die Herausforderung für seine Partei und seine Bewegung. Als Erklärung für seinen Abschied von der AAB-Spitze nannte Schwimmer seine Tätigkeit als Vertreter Österreichs in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats.

Zum Teil recht emotionalen Wortmeldungen führte die Diskussion zu einzelnen Anträgen. So hielt ein Delegierter ein leidenschaftliches Plädoyer für die Lehrlingsausbildung: Österreich sei hier einmal beispielgebend gewesen, der ÖAAB müsse hier seine Verantwortung wahrnehmen. Tiefem Pessimismus gab ein anderer Ausdruck, als es um die Frage der Telearbeit ging: Im Unterschied zur Mehrheit der anwesenden ÖAAB-Kollegen konnte der Delegierte darin nur eine neue Form der Ausbeutung erblicken. „Und überhaupt ist sehr wenig vom Sozialen die Rede gewesen, auch beim Parteiobmann!”, meinte der Mann. Doch der Angesprochene war schon längst in Richtung St. Pölten entschwebt, wo es das neue Regierungsviertel zu eröffnen galt ...

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