6852783-1977_02_04.jpg
Digital In Arbeit

Personaldebatten weiterhin beliebt

Werbung
Werbung
Werbung

Kaum ist die Hofübergabe in der Wiener Volkspartei vorüber, kommt schon die nächste Belastungsprobe auf das für die nächsten Nationalratswahlen aus der Sicht der ÖVP so ungeheuer wichtige Wiener Segment zu: Ausgerechnet in jener Teilorganisation, die ihrer Struktur nach als stärkster Pfeiler einer schwarzen Kommunalpolitik konzipiert ist, im ÖAAB, beginnt es wieder zu gären. Vorläufig geht es um dieFrage, ob der derzeitige ÖAAB-Landessekretär Walter Eberhardt, Vizepräsident der Wiener Arbeiterkammer, von seinen Widersachern zum unfreiwilligen Abschied gebracht werden kann. Im Hintergrund aber kündigen sich bereits die ersten Fritz-Hahn-Nachfolgespiele an.

Walter Eberhardt, von seinen ÖAAB-Landessekretärskollegen mit dem bezeichnenden Spitznamen „Eberweich“ bedacht, ist den Wiener ÖAAB-Funktionären seit einiger Zeit ein Dorn im Auge. Die Kritik: Als Sekretär eines Obmannes, der als Landtagspräsident und Klubobmann fast ausschließlich im Rathaus residiert, wirke er zu wenig initiativ. Außerdem habe er sich in der Arbeiterkammer selbst mehr aufs Paktieren (mit der SP-Fraktion) denn aufs Kämpfen zurückgezogen. Motto: Statt zehnmal anzutreten und davon achtmal von den Sozialisten einen Korb zu bekommen, trete ich zehnmal nicht an, bekomme dafür aber zweimal ‘was geschenkt…

Viel gravierender ist allerdings, was sich vorläufig noch im Hintergrund abspielt: Vergangenes Jahr wurde Fritz Hahn in seiner Funktion als ÖAAB-Landesobmann von Wien bestätigt, was aber NAbg. Walter Schwimmer sowie Gemeinderat Professor Rudolf Zömer nicht daran zu hindern scheint, nach dem Sessel des ÖAAB-Obmannes zu streben.

Walter Schwimmer, der als Sozialsprecher der ÖVP durch Herbert Kohlmaier abgelöst wurde und im Rennen um den Posten des ÖAAB- Generälsekretärs gegen Walter He’in- zinger unterlag, möchte nun als Hahn-Nachfolger seinen politischen Einfluß zementieren. Als Bezirksparteiobmann des Bezirkes Leopoldstadt sitzt er auch im Landesparteivorstand, wo er übrigens als Anhänger des früheren Obmannes Franz Bauer gilt. Als Fraktionsobmann des ÖAAB in der Wiener Arbeiterkammer hat er zwar gute Chancen auf den AK-Vizepräsi-

denten (als Nachfolger von Eberhardt), doch die Hahn-Nachfolge dürfte ihm auch Erhard Busek nicht leicht machen.

Als zweiter Kandidat scheint sich auch Rudolf Zömer aufzubauen, der im Wiener Gemeinderat sicherlich zur ersten Garnitur der ÖVP-Abgeordne- ten zählt. Zömer hat seinen Fuß in der Tür der Gewerkschaft, wo er die Position des stellvertretenden Vorsitzenden der Gewerkschaft der öffentlich Bediensteten anstrebt (Diese Funktion hat momentan Alkuin Pecher inne, der ebenso wie Zörner aus der Lehrerschaft kommt). Zörner ist außerdem stellvertretender Wiener ÖAAB-Obmann.

Beide Kandidaten, Schwimmer wie Zörner, sind insoferne ernst zu nehmen, als sie beide über die berühmte innerparteiliche „Ochsentour“ ihren Weg in die oberen Regionen des Funktionärdaseins angetreten haben. Und die Ochsentour hat in der Wiener ÖVP traditionell, wie Eingeweihte leidvoll bemerken, immer schon eine recht große Rolle gespielt.

Die Schwäche der Wiener ÖVP ist seit Bestehen dieser Partei zu einem hohen Grad auch eine Schwäche des ÖAAB. Ihrer Aufgabe als große Interessensvertretungsorganisation der schwarzen Arbeitnehmer ist diese Teilorganisation, in der sich auch heute überwiegend Beamte und Lehrer finden, nur beschränkt gerecht geworden. Wobei hinzugefügt werden muß, daß gerade Wien mit seinem parteipolitisch völlig verkarsteten System, mit seiner ausgeprägten Partei- büchlwirtschaft seit jeher für den ÖAAB ein besonders harter Boden ist.

Gut beraten wäre der Wiener ÖAAB, der nur zu oft in gegeneinander arbeitende Gruppen undGrüppchen aufgeteilt ist-,-würde er über die schwelenden Personaldiskussionen und Nachfolgespiele einmal die Sachfragen "Stellen. Nur um des Personal-Rouletts wegen gegen Hahn zu ziehen, dürfte kein langfristiges Erfolgsrezept sein, hat sich doch gerade in den letzten Monaten eindeutig erwiesen, daß Fritz Hahn für die Konsolidierung der Wiener ÖVP - als Verbindungsmann zwischen alt und neu - eine derzeit wohl unersetzliche Rolle spielt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung