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Statt Schlamperei Härte

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Es war kein Paradebeispiel innerparteilicher Demokratie, dafür aber eine Demonstration der Einheit, wie sie in der ÖVP schon recht selten geworden ist. Und so war die Landesobmännerkonferenz des OAAB vielleicht gut beraten, als sie am 10. Februar in der Wiener Laudongasse, wie es in der stolzen Vollzugsmeldung des oberösterreichischen Maleta-Blattes hieß, „eine rasche Entscheidung" traf und „reibungslos für klare und geordnete Verhältnisse" sorgte.

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Es war kein Paradebeispiel innerparteilicher Demokratie, dafür aber eine Demonstration der Einheit, wie sie in der ÖVP schon recht selten geworden ist. Und so war die Landesobmännerkonferenz des OAAB vielleicht gut beraten, als sie am 10. Februar in der Wiener Laudongasse, wie es in der stolzen Vollzugsmeldung des oberösterreichischen Maleta-Blattes hieß, „eine rasche Entscheidung" traf und „reibungslos für klare und geordnete Verhältnisse" sorgte.

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Es ging dabei um Iceine Kleinigkeit, sondern um die widitigste Weichen-Stellung im österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbund seit elf Jahren und um eine der großen Vorentscheidungen für die Gesamtparted, denen noch vor dem Sommer eine neue ÖVP-Führung folgen muß. Diese Führung wird — so oder so — ein neues Erscheinungsbild imd einen neuen Stil der großen Oppositionspartei der Öffentlichkeit zeigen müssen, und die Rolle der Spitzengami-tur ist dabei selbstverständlidi ausschlaggebend. Wenn also der Bundesobmann des ÖAAB seinen Nadifolger „rasch und reibungslos" nominiert wissen wollte und die Landesobmänner zwar na dl einer mehrstündigen und zähen Debatte, aber am Ende dodi mit der gewünschten Einstimmigkeit den Kandidaten Maletas, den Salzburger ÖVP- und ÖAAB-Ob-mann und Nationalratsabgeordneten Karl Glaser, zum neuen Bundesobmann nominierten, dann kann man mit Sicherheit annehmen, daß diese erfahrenen Politiker von der Tragweite ihres Beschlusses wußten.

„Reformer" wie Klaus

Zunächst einmal muß man wissen, daß der 50jährige Postbeamte Karl Glaser, der seit 1955 im Wiener Parlament sitzt und dort zuverlässiig, wenn audi mandimal etwas zu hart und kantig in der Diktion, die ihm anvertrauten Aufgaben erfüllt, ein Salzburger ist, oder, in der Spradie der üblichen Politikerbiographien, „einer alteingesessenen Salzburger Famüie entstammt". Glaser galt bis zuletzt als ein sidierer Vertrauensmann des Bundeskanzlers Josef Klaus und war wie dieser ein „Reformer". Klaus war ein Mann der wissenschaftlich fundierten’ „Sach-lidikeit" in der Politik, er hatte für manche Imponderabilien und Zwischentöne, die einer von Menschen geformten Partei auch noch im Computerzeitalter eigentümlich sind, wenig Verständnis. Der Name „Reformer" wurde inzwdscäien aus dem Verkehr gezogen, aber man kann sich darauf verlassen, daß Glaser ein „Reformer" innerhalb des ÖAAB sein wird in dem Sinn, daß er dort für manche traditionelle Schlampereien und Gemütlichiceiten, die aber die sprichwörtliche „Stallwärme" in einer menschlichen Gemeinschaft erzeugen, nicht viel übrig haben wird. Das dürften die Niederösterreicäier und die Wiener irgendwie geahnt haben, denn die einen wollten ihren Landesobmann Prader — der allerdings selber nicht recht wollte —die anderen aber dann gleich einen viel jüngeren, den 36jährigen Nationalratsabgeordneten und Sozialpolitiker Dr. Herbert Kohlmaier zum Bundes-obniann nominieren. Glaser scheint einigen wenig profiliert: er ist weder der buntscäiU-lemde, starke Typ nach der Art des Georg Prader, noch aber der Intellektuelle im Politikergewand wie Kohlmaier oder der von dem steier-märkischen ÖAAB favorisferte ÖIAG-Präsident Dr. Josef Taus. Die Obmannschaft Glasers verstärkt zudem die Vorherrschaft des öffentlichen Dienstes im ÖAAB. Die Pri-vatiangestellten, diese wichtigste Zielpruppe jeder modernen Partei, wui’den bei dem jüngsten Revirement überhaupt vollkommen übergangen. Solciie Rücteichten spielten bei den Überlegungen der meisten ÖAAB-Spitzenpolitiker anscheinend gar keine Rolle.

ErstaunHcii, daß Präsident Maleta, der auf Klaus nicht immer gut zu sprechen war, gerade Glaser zu seinem Nachfolger bestimmte und überhaupt als eine Art Universalerben betrachtet, denn er wollte ihn bekanntlich im vergangenen Herbst auch zum parlamentarischen Klub-obnoann der ÖVP madien. Dr. Alfred Maleta war elf Jahre Bundesobmann des ÖAAB. Er hat diesem Bund durch seine Äußerungen, durch seinen eigenwilligen, persönlichen Stil immer wieder, wie man es so sagt, Glanzlichter aufgesetzt. Der ÖAAB galt als seine „Hausmacht", aber wirklich integriert war Maleta in diesem Milieu der kleinen Beamten und der christlichen Arbeiter nie, und man kann sich vorstellen, daß diese dem politologischen und philosophischen Höhenflug ihres Obmannes manchmal etwas ratlos gegenüberstanden. Man kann weitergehen und sagen, daß Maleta hin und wieder sogar die Gesamtpartei hinter sich ließ, so zum Beispiel als Erster Präsident des Nationalrates. Die Reden, die er in dieser seiner Eigenschaft bei feierlichen Anlässen im Plenum des Hohen Hauses hielt, reihen sich würdig an die historiischen Reden eines Parlamentspräsidenten Dr. Karl Renner und werden wohl noch lange unerreicht bleiben. Aber Maleta war eben aus demselben Grund in der ÖVP gewissermaßen immer schon ein Einsamer.

Hier muß man aber an die von Maleta eingeleitete Erneuerung und Verjüngerung der Führungskader dieses Bundes erinnern. Viel wird davon abhängen, ob Glaser es versteht, junge und vor allem interessante Nachwuchspolitiker als Referenten in die verschiedenen Ausschüsse und auf wichtige Posten zu berufen. Der ÖAAB verfügt über eine ganze Reihe politischer Begabungen der jüngeren Generation. Das Beispiel Kohlmaiers zeigt, daß es gegenwärtig noch nicht gelingen konnte, einen gleich um dreißig Jahre jüngeren Politiker zum Nachfolger Maletas zu machen. Während aber darüber diskutiert wird, ob Generalsekretär Ing. Harramach noch eine Wahlperiode bis zum Pensionsalter weiterdienen oder jetzt schon durch seinen bisherigen Stellvertreter, den 37jährigen Iwg. Johann Gassner, abgelöst werden soU, glauben manche Beobachter im nieder-österreichischen Abgeordneten und Exunterrichtsminister Dr. Alois iVTock den neuen Generalselcretär nadi Glasers vorerst noch geheimgehaltenem Wunsch zu entdecken. Wenn das wahr ist, dann scl»etnt der kommende Bundesobmann des ÖAAB tatsächlich eigene Vorstellungen von seinen künftigen Aufgaben zu haben.

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