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Daß der ÖAAB nach dem 6. März 1966 kein leichtes Spiel innerhalb der ÖVP haben wird, war vorauszusehen, daß er beim übergroßen Arbeitsprogramm der Regierung, das nach dem Willen des Bundeskanzlers und Parteiobmannes möglichst schnell über die Bühne gebracht werden soll, in wichtigen Punkten überfahren zu werden droht, hat sich in den letzten Wochen — siehe Steuerreform oder Nationalfeiertag — gezeigt. Von Kreisky. zum „Hauptfeind“ der Sozialisten erklärt, ist der ÖAAB nun zusätzlich ins Schußfeld der in der ÖVP organisierten Unternehmerkreise geraten, wo man ihn der „Demagogie“ und „Lizitation“ bezichtigt. Solche Vorwürfe gehen dabei vielfach von der Idee aus, der ÖAAB sei zwar ein gutes Aushängschild in Wählzeiten, geeignet, neue Wählerschichten zu erschließen, der jedoch den Kurs der Partei nicht „über Gebühr“ beeinflussen dürfe.

Gegen diese und ähnliche Vorstellungen verwahrte sich in letzter Zeit der Bundesobmann des ÖAAB, Nationalratspräsident Maleta, auf Klausurtagungen wie in öffentlichen Diskussionen über Positionen und Politik des ÖAAB, wobei er betonte, daß die Regierungspartei „ohne oder gegen den ÖAAB in breiten Kreisen der Arbeitnehmer ihre soziale Glaubwürdigkeilt verlieren würde'“. Der ÖAAB könne auch dort, wo die Regierung auf möglichst rasche Erledigung der liegengebliebenen Probleme aus der Koalitionszeit, wie in der Wohnungsreform oder der Frage der „europäischen Integration“, nur bis zu gewissen Grenzen mitgehen, wenn er nicht als „gelbe Gewerkschaft“ der Regierung verdächtigt werden will. Den ÖAAB an die „Betriebsfront“ zu schicken, wie von manchen Kreisen propagiert wird, hieße seine politische Funktion innerhalb der Gesamtpartei verkennen. Der Präsident des Nationalrates, der Politiker des Ausgleichs der Gegensätze und der Ablehnung der Extremismen, sieht diese Funktion vor allem in des Stärkung der demokratischen Mitte.

Diese madhtpoliitischen Auseinandersetzungen, die Anstrengungen der Tagespolitik überdecken zur Zeit fast völlig ein tiefer gelagertes Problem, das über den einzelnen Gesetzesvorlagen, über „Sachlichkeit“ und Sorgen um das „Image“ leicht zu kurz zu kommen droht: die Notwendigkeit, die „ideologische Grundlage“ oder besser, um Mißverständnisse um „Ideologie“, „Entideologi-sierung'“ oder „Umideologisierung“ zu vermeiden, die gemeinsame programmatische Basis der drei Bünde, ihre Berufung auf katholische Soziallehre und „christliche Demokratie“ neu zu überdenken.

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