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Immer mehr Angestellte

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Ganz im Schatten der „großen“ Wahlgänge, die soeben in Österreich stattgefunden haben (Bundespräsidentenwahlen, Landtagswahlen in Niederösterreich), sowie auch der bevorstehenden Wahlen (in Vorarlberg und der Steiermark) steht ein Termin, dem für die innenpolitische Landschaft nicht geringe Bedeutung zukommt: die Arbeiterkammerwahlen am 29. und 30. September, für die

— wenn auch weniger spektakulär und von der Öffentlichkeit weitgehend unbeobachtet — der Wahlkampf bereits begonnen hat.

Die letzten Arbeiterkammerwahlen fanden vor fünf Jahren statt und brachten Ergebnisse, deren Aussagekraft heute von jeder wahlwerbenden Gruppe mehr oder weniger stark bestritten wird. Insbesondere bei den zu vergebenden Mandaten haben sich große Änderungen ergeben. Gab es 1969 für den Wahlkörper Arbeiter 529 Mandate, für die Angestellten 211 und für den Sektor Verkehr 70, so steht das Verhältnis nunmehr 501 :234 : 75, wobei Fachleute meinen, daß auch diese Verschiebung zuungunsten der „Arbeiter“ nicht den sozioökonömisohen Gegebenheiten entspricht, da die Mandatsauf-teilüng regelmäßig den sozialen Realitäten nachhinkt.

Eine weitere Änderung gegenüber 1969 ist in der Tatsache zu sehen, daß heuer — im Bundesdurchschnitt

— rund 10 bis 12,5 Prozent Gastarbeiter (jedoch nur aktiv) wahlberechtigt sind. Dennoch sind Experten nicht der Ansicht, daß sich an der Wahlbeteiligung, die 1969 bei 62,4 Prozent lag, Entscheidendes ändern wird. Wohl wird es möglich sein, mehr Inländer zur Stimmabgabe zu bewegen, aber man rechnet damit, daß der Prozentsatz der NichtWähler bei den Ausländern besonders hoch sein wird (eine Erscheinung, die sich — auch bei den Hochschülerschaftswahlen 1974 — gezeigt hat).

Aus SP^Kreisen verlautet, daß ein „Halten“ des Ergebnisses von 1969 ein schöner Erfolg wäre, der ÖAAB jedoch gibt sich hoffnungsfroh.

Abgesehen von der Tatsache, daß zahlreiche Betriebsratswahlen der SP Stimmenverluste gebracht haben, die 'teilweise dem ÖAAB (aber auch den Kommunisten) zugute kauen, ist es besonders der Strukturwandel vom Arbeiter zum Angestellten, von dem sich der ÖAAB einen kräftigen Aufwind erhofft.

„Erklärte Wahlziele“ gibt es zwar keine, dennoch verlautet aus ÖAAB-Kreisen, daß man stark damit rechnet, die Mehrheit in Vorarlberg (dort stellt der ÖAAB mit Hilfe der Freiheitlichen den Präsidenten) zu halten und auszubauen. Weiters hofft man in der Laudongasse, bei den nächsten Wahlen im Wahlkörper „Angestellte“ in den meisten Bun^ desländern die Mehrheit zu erringen. Der ÖAAB hat bei den Angestellten bereits die Mehrheit in Vorarlberg, Tirol und im Burgenland, während in Niederösterreich, Salzburg und Kärnten die Ergebnisse im Jahr 1969 äußerst knapp waren. Gesamtösterreichisch beträgt das Stimmenverhältnis (1969) bei den Angestellten rund 50 Prozent für die SPÖ gegenüber 38 Prozent für den ÖAAB.

Sorgen bereitet den ÖAAB-Funk-tionären jedoch in erster Linie die Wahlbeteiligung; so hatte 1969 die SPÖ zum Beispiel in Tirol einen Sttimmenüberhang von 13.000 Stimmen bei 60.000 Nichtwählern, wobei rund 18.000 Nichtwähler dem Wahlkörper „Angestellte“ zuzurechnen waren. Überhaupt brachte es Tirol 1969 mit einer Wahlbeteiligung von nur 46,9 Prozent zum Bundesland mit der größten Wahlabs'tinenz.

Eines steht jetzt schon fest: Die Arbeiterkammerwahlen, die unmittelbar nach Ende der innenpolitischen Sommerpause abgehalten werden, sollten von den politischen Parteien mit größter Aufmerksamkeit verfolgt werden. Wenn ÖAAB-Bundesobmann Mock letzte Woche erklärte, daß diese Wahlen — seitens der ÖVP — vom ÖAAB in alleiniger Verantwortung geführt werden und das Ergebnis dieser Wahlen daher auch ein Votum für die Arbeit des ÖAAB darstelle, dann bedeutet dies nicht nur ein Anzeichen für eine gewisse Zuversicht, sondern auch einen unmißverständlichen Fingerzeig, daß ein aus den Arbeiterkammerwahlen gestärkt hervorgehender ÖAAB auch in der Gesamtpartei stärker mitsprechen will.

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