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Wollte man das erste Jahr Dr. Mocks als Obmann des österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbundes allein auf Grund der Reaktion des Sprachrohrs von Dr. Maleta, den „Oberösterreichischen Nachrichten“, am Vorabend des ÖAAB-Bundes-kongresses in Klagenfurt beurteilen, dann war es ein gutes Jahr und besagter Kongreß eine gelungene Veranstaltung. So ganz nach der Art eines „eider statesman“ ließ Alfred Maleta verlauten, daß „der ÖAAB so unbeachtet wie im letzten Jahr früher nie war“, wobei „es aber sicher völlig falsch wäre, anzunehmen, daß alles auf eine abschüssige Bahn geriet“.

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Wollte man das erste Jahr Dr. Mocks als Obmann des österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbundes allein auf Grund der Reaktion des Sprachrohrs von Dr. Maleta, den „Oberösterreichischen Nachrichten“, am Vorabend des ÖAAB-Bundes-kongresses in Klagenfurt beurteilen, dann war es ein gutes Jahr und besagter Kongreß eine gelungene Veranstaltung. So ganz nach der Art eines „eider statesman“ ließ Alfred Maleta verlauten, daß „der ÖAAB so unbeachtet wie im letzten Jahr früher nie war“, wobei „es aber sicher völlig falsch wäre, anzunehmen, daß alles auf eine abschüssige Bahn geriet“.

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Wer auch nur ahnt, wie es um die personellen und organisatorischen Grundlagen des ÖAAB stand, ehe Maleta seine Funktion abtreten mußte, wird diese Bemerkung in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ als das abtun müssen, was sie tatsächlich ist: als die beleidigte Reaktion auf die Tatsache, daß sich Maletas recht pessimistische Prognose über die Entwicklung des ÖAAB unter Mock durchaus nicht erfüllt hat.

Im Gegenteil: der ÖAAB verdient heute eine gerechte Beurteilung, schon deshalb, weil er kräftige Ansätze zur Profilierung nach innen und außen gezeigt hat, ohne dabei auch allen Hoffnungen in jeder Situation gerecht geworden zu sein.

Anders als im Unterrichtsministerium, erwies sich Mock im ÖAAB durchaus nicht als Blitzstarter. Nur sehr zögernd vermochte er es, in der ÖAAB-Zentrale personelle Vorstellungen durchzusetzen. Inzwischen scheint ihm das gelungen: ein akzeptables Generalsekretärduo (Gassner, Kiemen), ein rühriger Bundessekretär (Schwimmer), ein ideenreicher Wirtschaftsreferent (Raidl), ein speditives Sekretariat (Edtmaier). Diese Funktionen waren vordem sehr anders besetzt — und das war schlecht für den ÖAAB und schlecht für die Gesamtpartei.

Im Verein mit einigen ambitio-nierten Abgeordneten (Schambeck, Wedenig) gelang es, ein in den meisten Punkten geglücktes Programm als Grundlage für die politische Arbeit der nächsten Jahre zu erarbeiten.

Insbesondere das Mitbestimmungsmodell (Wedenig), die bildungspolitischen Vorstellungen (Schambeck) und die Neuauflage des alten Plans von der Gleichstellung der Angestellten und der Arbeiter vermochten die Delegierten des Bundeskongresses stark zu überzeugen. Diese Ideen dürften jedenfalls größere Chancen haben, Gemeingut der Gesamtpartei zu werden, als der Vorschlag, im Zusammenhang mit der Einführung der Mehrwertsteuer eine befristete Preisregelung zu akzeptieren. Auch unter den Delegierten des Bundeskongresses schien man davon überzeugt zu sein. Warum dann freilich ÖVP-Obmann Schleinzer im Zusammenhang mit einigen Programmpunkten das böse Wort von den „Linksüberholern“ äußerte, blieb bis zuletzt eher unklar.

Im ÖAAB dürfte man erkannt haben, daß für eine oppositionelle Arbeitnehmergruppe unter einer sozialistischen Alleinregierung die Gefahr sehr groß ist, die rasch aufeinanderfolgenden Drehungen und Kehrtwendungen der öffentlichen Meinung mitzumachen. Die ebenso klaren wie problembewußten Forderungen, die am Bundeskongreß des ÖAAB diskutiert und beschlossen wurden, verbunden mit Mocks Absichtserklärung, diese Vorstellungen innerparteilich konsequent zu vertreten, lassen darauf schließen, daß der ÖAAB bereit ist, die gesell-schafts- und sozialpolitische Offensive vom vergangenen Wochenende fortzusetzen.

In Österreich ist der Bedarf an einer nichtsozialistischen Arbeitnehmervertretung eher groß. Gerade in den letzten Jahren vermochte sich der ÖAAB als treibende gesell-schaftspplitische Kraft aber weder innerparteilich noch auch auf anderer Ebene hinreichend entfalten. Man wird die Rolle Mocks als Obmann des ÖVP-Arbeitnehmerbundes erst dann seriös beurteilen können, wenn feststeht, ob es ihm gelungen ist oder nicht, den in Klagenfurt beschlossenen Programmkatalog in der Volkspartei durchzusetzen, vernünftige Anregungen aus der Tagespolitik aufzufangen, konzeptiv zu verarbeiten und breitenwirksam zu behandeln.

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