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ÖVP-Krieg geht weiter

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„Die von der Regierung geplante Abfertigung für Angestellte bei Pensionierung, bei Geburten und Eheschließung ist mit untragbaren Härten, besonders für die Kleinbetriebe, verbunden.“ Mit dieser Erklärung über den Bundeskammer- Pressedienst brach der Wirtschaftsbund noch Ende Dezember den zwischen ihm und dem ÖAAB geschlossenen Weihnachtsfrieden in der Frage der Neuregelung der Abfertigungen für angestellte Dienstnehmer.

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„Die von der Regierung geplante Abfertigung für Angestellte bei Pensionierung, bei Geburten und Eheschließung ist mit untragbaren Härten, besonders für die Kleinbetriebe, verbunden.“ Mit dieser Erklärung über den Bundeskammer- Pressedienst brach der Wirtschaftsbund noch Ende Dezember den zwischen ihm und dem ÖAAB geschlossenen Weihnachtsfrieden in der Frage der Neuregelung der Abfertigungen für angestellte Dienstnehmer.

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Konterte etwas später in scharfen Worten der sozialpolitische Referent des ÖAAB, Abgeordneter Kohlmaier, es sei „nicht begreiflich, daß die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft noch immer den Standpunkt vertritt, die Abfertigung sei… keinesfalls .erarbeiteter Lohn’“.

Noch schärfer formuliert man in der Wiener ÖAAB-Zentrale: „Die Kammeraussendung ist eine glatte Provokation und man wird es dem Wirtschaftsbund noch zeigen — der ÖAAB 1st in dieser Frage kriegsbereit.“

„Diese Frage“ ist nämlich eine jener Forderungen, die der ÖAAB schon seit Jahren als einen Programmpunkt mitschleppt und zu dem nun noch dazu die SPÖ-Regierung via Justizminister eine Initiative ergriff. Vor allem in der Fraktion der christlichen Gewerkschafter gilt die Neuregelung der Dienstnehmerabfertigung bei Pensionierung, Heirat und Niederkunft als Herzensangelegenheit, die nun — „damit die SPÖ nicht sozialpolitisch überholt“ — via ÖAAB mit dem Wirtschaftsbund ausgefochten werden sollte.

Versuche, die Abfertigungsfrage schon während der monochromen ÖVP-Regierung zu regeln, scheiterten an der Standfestigkeit des ÖVP- Kammerpräsidenten und des ÖVP- Handelsministers gegenüber ihren „weicheren“ schwarzen Minister kollegen im Justiz- und dm Sozialressort. Das Problem „Abfertigung“ wurde „verschubladiert“.

Bis es Anfang letzten Sommers der Chef des sozialpolitischen Ausschusses der ÖVP, Kohlmaier, wieder aufs parteipolitische Tapet hob. Da die SPÖ gleichzeitig die Initiative ergriff, glaubte man den Zeitpunkt gekommen, zu dem auch die volksparteilichen Bünde zu einer Einigung bewegen wären.

In zwei Sitzungen der bünde-paritä- tisch zusammengesetzten Sozial- Gremiums der Volkspartei wurde darüber geredet — Einigung aber wurde keine erzielt.

ÖAAB-Sozialsprecher und Ausschußleiter Kohlmaier versuchte es mit einem Schachzug und spielte der hündischen Spitze unter dem Vorsitz des VP-Parteiobmannes Wit- halm zu: Es möge eine Einigung getroffen werden, ansonsten er als Ausschußvorsitzender und ÖAAB- Mandatar Konsequenzen ziehen werde.

Doch selbst die Androhung des Exodus eines „Schattenministers“ ließ das Wirtschaftsbundgespann Mussil- Sallinger hart bleiben. Dies wiederum löste eine Self-Engagement- Aktion Generalsekretär Schleinzers aus, der die Bündechefs neuerlich vergatterte und ihnen einen Kompromiß aufzwang. Die „Lösung“ sollte so aussehen: Die Betriebe zahlen bei Pensionsantritt Abfertigung als Art Treueprämie, eine Abfertigung bei der Niederkunft einer Angestellten hingegen soll der Gesetzgeber auf die öffentliche Hand überwälzen und eine Abfertigung bei Eheschließung wird nicht mehr gefordert.

Als „Entschädigung" für die Mehrleistung der Wirtschaft bei der „Pensionistenabfertigung“ wollte man versuchen, den Finanzminister in die Tasche greifen zu lassen und der Wirtschaft Erleichterungen beispielsweise bei Lohnsummen- und Gewerbesteuer zu gewähren.

Nach zweimaligem Zusammentreffen im Parlamentsjustizausschuß gingen die Parteien auseinander, ohne auch nur eine geringste Annäherung gefunden zu haben. Lediglich eines war klargestellt: SPÖ und FPÖ würden der Erleichterung bei Lohnsummen- und Gewerbesteuer keinesfalls zustimmen. Dies war auch die Ursache für das neuerliche Vorpreschen des Wirtschaftsbundes. Der Bünde- Kompromiß wurde damit ausgesetzt. Der Abfertigungskrieg in der ÖVP geht munter weiter…

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