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Unbekannte Türken

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Am 29. und 30. September finden in Österreich die Arbeiterkammerwahlen statt. In Tirol werden rund

130.0 Arbeiter, Angestellte und Verkehrsbedienstete für die nächsten fünf Jahre 70 Mitglieder der Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte wählen. Tirols ÖVP-Fraktion, der österreichische Arbeiter- und Angestelltenbund (ÖAAB), ist optimistisch. Die Hoffnungen sind nach den hervorragenden Ergebnissen der Gemeinderatswahlen und der Präsiden’tschafts- wahlen nicht ganz unberechtigt, obwohl die Ziele des ÖAAB reichlich hoch gesteckt sind. Man rechnet in Tiroler ÖAAB-Kreisen nämlich ernsthaft damit, diesmal in Tirols Arbeiterkammer eine Vorarlberger Konstellation herbeiführen zu können. Vorarlberg ist bekanntlich das einzige Bundesland Österreichs mit einem nichtsozialistischen AK-Prä- sidenten.

Um das sozialistische Arbeiterkammermonopol in Tirol brechen zu können, müßte die ÖVP-Fraktion acht Mandate, die FPÖ zwei Mandate dazugewhpen. Für die Tiroler Arbeiterkammer kandidieren diesmal nur vier Liesten: die Sozialistischen Gewerkschafter im ÖGB mit derzeit 42 Mandaten, der ÖAAB mit 23 Mandaten, die Freiheitlichen Arbeitnehmer mit drei Mandaten und die Liste der „Kommunisten, linke Sozialisten, Parteilose, gewerkschaftlicher Linksblock (LB), die bisher als „Gewerkschaftliche Einheit" lief, aber schon bei der Wahl im Jahr 1964 ihr einziges Kammer- mandat verlor. Die Parteifreien, die derzeit noch zwei Mandate innehaben, wollen nicht mehr als Wahlwerber auftreten.

Der Tiroler AAB gründet seine Hoffnungen auch auf die beiden nun freiwerdenden Mandate sowie auf eine bessere Erfassung der Wahlberechtigten, wodurch auch mit einer größeren Wahlbeteiligung zu rechnen ist. Eine große Unbekannte stellen allerdings die. 11.000 Jugoslawen und 4000 Türken, die als Gastarbeiter erstmals wahlberechtigt sind, dar. Die Erfassung der Wahlberechtigten dürfte derzeit bei 90 Prozent liegen. Das große Handicap der Arbeiterkammerwahlen war bisher die Wahlbeteiligung, die in Tirol von 70,3 Prozent im Jahr 1949 auf 47,8 Prozent im Jahr 1969 absank, wobei von den Arbeitern nur 43 Prozent und von den Angestellten 48,2 Prozent zu den Urnen gingen. Durch spürbare Strukiurverschiebungen auf dem Arbeitsmarkt wandern heuer zwei Mandate von den Arbeitern zu den Angestellten. Dies sehen die rechtsstehenden Parteien als Chance, um so mehr, als vor fünf Jahren sich eine derartige Veränderung ebenfalls zum Nachteil der SP auswirkte. Künftig wird sich die Tiroler AK-Vollversammlung aus 44 Vertretern der Arbeiter, 21 An- gestelltenvertretem und fünf Vertretern der Verkehrsbediensteten zusammen setzen.

Die Mandatsgewinne müßten AAB und FP bei den Angestellten und Arbeitern erzielen. Bei den Verkehrsbediensteten bestehen für diese Fraktionen nur geringe Chancen, obwohl dem AAB 1969 dort nur 400 Stimmen auf ein Mandat gefehlt hätten.

Von entscheidender Bedeutung wird die Wahlbeteiligung sein. Diese wiederum hängt weitgehend von der Aufklärung und von der Sprengeleinteilung ab. Beides läßt noch zu wünschen übrig, ist jedoch schon besser organisiert als für fünf Jahren.

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