Von "Erdrutsch" war die Rede, und die Verschiebung der Kräfteverhältnisse in der Tiroler Arbeiterkammer ist tatsächlich gewaltig. Die ÖAAB-FCG-Fraktion legte um 18, 8 Prozentpunkte oder 13 Mandate auf 64,4 Prozent Stimmenanteil und 46 von 70 Mandaten zu, die SP-Gewerkschafter büßten zwölf, die Freiheitlichen drei Mandate ein. Erfreulicherweise konnte dabei die Wahlbeteiligung durch Einführung der Briefwahl - die auch bei allen anderen Wahlen längst fällig wäre - von 25,6 auf 59,4 Prozent gesteigert werden.
Das Ergebnis zeigt, daß in Österreich keine Partei mehr den alleinigen Anspruch erheben kann, die große Arbeitnehmerpartei zu sein, die Gewichte sind regional sehr unterschiedlich verteilt. Es wäre freilich Selbstbetrug, würde sich die Mutterpartei ÖVP von diesem Wahlerfolg seltenen Ausmaßes eine Scheibe abschneiden wollen. Die Tiroler Arbeitnehmer haben nicht der Regierung - und schon gar nicht der Opposition - ihr Vertrauen ausgesprochen, sondern einem Mann, der im Land populärer als Landeshauptmann Wendelin Weingartner ist: Fritz Dinkhauser.
Wie erntet man so viele Stimmen? Wie macht das der Dinkhauser? Das Kapital des manchmal wie ein polternder Populist wirkenden Tiroler AK-Präsidenten sind sein ständiger Kontakt mit den kleinen Leuten, sein lautstarker Einsatz für soziale Gerechtigkeit, seine Zivilcourage, mit der er auch schonungslos die eigene Parteispitze kritisiert, schlicht: seine persönliche Glaubwürdigkeit. So einfach - oder so schwer - ist es, Wähler zu überzeugen. ski
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