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Sieger oder Verlierer

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Die alte kommunistische Forderung, Arbeiter und Intellektuelle mögen sich zu gemeinsamen Vorgehen zusammenschließen, hat in Österreich den ersten „SchulterSchluß“ gebracht: die Wahlbeteiligung bei Arbeiterkammerwahlen und Hochschülerschaftswahlen pendelte sich auf eine blamable Marke ein.

Standesvertretungen, die auf unfreiwilliger Basis aufbauen, werden scheinbar nicht mehr länger als Vertreter der Interessen anerkannt. Ein Prozeß der bei den Hochschülerschaftswahlen begann, mittlerweile die Arbeiterkammern erfaßt hat und auch vor

Handelskammern und Landwirtschaftskammern nicht haltmachen wird.

Diese Tendenz müßte den politischen Fraktionen eigentlich Sorge machen. Tut sie aber nicht.

Nach den Arbeiterkammerwahlen berichtete die Sozialistische Korrespondenz: „SP-Gewerk-schafter haben ihr WahlzieJ. voll erreicht.“ Auch der ÖVP-Presse-dienst wußte zu vermelden: „ÖAAB hat gesamtösterreichisch sein Wahlziel erreicht.“

Und solange die Handelskammern Besitzstand des Wirtschaftsbundes, die Landwirtschaftskammern Erbhöfe des Bauernbundes und die Arbeiterkammern Refugien der sozialistischen Gewerkschafter waren, war die Welt auch tatsächlich in Ordnung.

Erst 1969 begann in Vorarlberg diese zementierte Aufteilung Sprünge zu bekommen, als der ÖAAB nach dem Präsidenten der Arbeiterkammer griff. Unordnung kam in eine heile Welt.

Die Sanierung dieser „Fehlentwicklung“ - durch SPÖ-Mehr-heitsbeschluß sollten die nahen Angehörigen des Unternehmers vom Arbeiterkammerwahlrecht ausgeschossen werden - wurde vom Verfassungsgerichtshof vereitelt.

Und als schließlich persönliche Diffamierung auch nichts half -seit den Nationalratswahlen vom 6. Mai 1979 wußte man bereits, daß dies in Vorarlberg nicht zog -nahm man Anleihe bei den Hochschulwahlen. Hier galt schon lange Hertha Firnbergs Standardformel von der nicht repräsentativen Studentenvertretung.

Und eine Arbeiterkammerwahl, an der nicht einmal zwei Drittel der wahlberechtigten Arbeitnehmer teilgenommen haben, kann doch auch nicht repräsentativ sein. Von dieser Sprachregelung könnte man erst wieder abgehen, wenn der erste sozialistische Handelskammer- oder Landwirt-

Schaftskammerpräsident inthronisiert wäre.

Vorläufig ist kein „rotes Schaf in Form eines Handelskammeroder Landwirtschaftskammerpräsidenten in Sicht. Und die erfolgsgewohnten Bündeobmänner der Volkspartei zeigen daher wenig Lust an einem Selbstabschaffungstrieb.

Die Radikalreform des Josef Taus mußte daher irrt gegenwärtigen Zeitpunkt scheitern.

Einen gesunden Blinddarm operiert man eben nicht.

Eines zeigt sich aber nach den diversen Wahlgängen deutlich: die Wahlergebnisse der Sozialisten sind besser, wenn die SPÖ als Gesamtpartei auftritt. Die Volkspartei hingegen erzielt mit bündischen Gruppierungen bessere Wahlergebnisse als die Gesamtpartei.

Das Ziel einer Partei kann aber nicht in der Erreichung von relativ guten Ergebnissen bei Wahlen in Standesvertretungen sein. Eine Partei muß Nationalratswahlen gewinnen.

Als politische Kolumne soll dieser Beitrag durch Provokation zum Denken anregen. Die einzelnen Formulierungen des Autors müssen sich nicht mit den Auffassungen der Redaktion decken.

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