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Endlich
Es war also nicht der letzte Leitartikel, den wir vor sieben Wochen („Die Furche“, 15. April 1967) an dieser Stelle der „Feiertagsfrage“ widmen konnten. Aber vielleicht ist es dieser. Damals schienen nach monatelangem Tauziehen in der Regierungspartei die Würfel für die sogenannte „Schweizer Lösung“ endgültig gefallen. Eine Obmännerkonferenz der Bünde der Volkspartei wurde allgemein als Weichenstellung angesehen. Wer nicht wollte, daß der Nationalfeiertag, der eigentlich in einer einmaligen Demonstration staatspolitischen Wollens über die Bühne gebracht werden hätte sollen, weiter auf der Börse in immer kleinere Münze umgewechselt würde, rang sich wie der Schreiber dieser Zeilen ein „Ja“ zu diesem Ausweg aus einer scheinbaren Sackgasse ab.
Oberstes Gebot schien es uns zu diesem Zeitpunkt, den österreichischen Nationalfeiertag endlich aus der Diskussion in die Öffentlichkeit herauszubekommen. Porzellan war schon genug zerbrochen.
Das war, wie wir heute wissen, voreilig. Unsere Freunde im ÖAAB und ein Stückchen weiter links mögen uns diese „Rechtsabweichung“ verzeihen. Wir rechneten wieder einmal nicht damit, daß in der österreichischen Politik heute Szenenwechsel sehr überraschend stattfinden können. Zunächst stellte sich sehr bald heraus, daß die Gewerkschaften und die SPÖ, die vielleicht vor einem Jahr noch für ein Plazet zu der „Schweizer Lösung“ zu gewinnen gewesen wären, nun nicht mehr mitzogen. Die Regierung und die „Wirtschaft“ mußten eine alte Erfahrung neu machen: Wer nicht rechtzeitig ein plausibles Angebot macht, hat ein Jahr später oft einen teureren Preis in Kauf zu nehmen.
Die Entscheidung fiel aber im Arbeiter- und Angestelltenbund. Vielleicht könnte man sogar sagen, daß ein Journalist, der sich bis heute lieber die Finger abbricht, als daß ihm das Wort Nationalfeiertag in die Feder fließt, zum Geburtshelfer des arbeitsfreien 28. Oktober wurde. Die Geschichte liebt mitunter solche Umwege. Und zwar war es sein auf Präsident Maleta gezieltes Torpedo, welches den Obmann des ÖAAB aus seiner sonst gerne gewahrten Reservestellung herausholte. Einmal in Harnisch gebracht, schien es Maleta geboten, deutlich zu demonstrieren, welche politische Schlüsselfunktion sein Bund ausüben kann — wenn er will. Die nur angedeutete Drohung, notfalls in freier Abstimmung die Stimmen der ÖAAB-Mandatare mit den Sozialisten und einem guten Teil des Bauernbundes zu vereinen, wirkte Wunder. Die Bedenken der „Wirtschaft“ wurden von Tag zu Tag in leiserem Tonfall vorgebracht. Am Ballhausplatz und in der Kärntnerstraße machte man eing elegante Schwenkung. Das Ergebnis: eine große Mehrheit in der Bundesparteileitung der ÖVP gab nun dem Bundesminister für Soziale Verwaltung, Frau Rehor, grünes Licht, eine Gesetzesvorlage dem Parlament zuzuleiten, die den 26. Oktober für die Zukunft als bezahlten Feiertag festsetzt.
In die Genugtuung über diesen Schritt mischt sich ein Tropfen Bitterkeit bei jenen, die seit vielen Jahren dem österreichischen Nationalfeiertag den Weg bereitet hatten. Wie eindrucksvoll und staatspolitisch bedeutsam wäre es gewesen, wenn die damals erste und heute einzige Regierungspartei von allem Anfang an hier klaren Kurs genommen hätte? Gute Politik ist auch eine Stilfrage.
Dennoch, blättern wir um. Lassen wir das Ergebnis gelten.
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