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Digital In Arbeit

Die Arroganz der Beamten

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Eine Frau X. aus Bosnien beantragte Ende November 94 die Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung. Zu Beginn des Jahres ruft sie. bei der zustandigen Fremdenpolizeisteile an, um zu erfahren, ob und wann die Genehmigung erteilt wird. Ks ist ihr nicht möglich, eine Antwort zu erhalten -entweder ist der/die zuständige Beamte/Beamtin nicht im Zimmer, spricht gerade am Telefon, sie solle am nächsten oder am übernächsten Tag wieder anrufen, oder es wird überhaupt der Hörer aufgelegt. So geht das bis in den Juni.

Als sich dann eine einheimische Bekannte einschaltet, kommt es zu „normalen” Telefongesprächen, die auch nicht gleich zum Ziel führen, aber schließlich - nach etwa drei Tagen - wird mitgeteilt, daß der Paß der Bosnierin mit Beginn des Jahres abgelaufen sei und sie erst einen neuen Paß vorlegen müsse, bevor die Aufenthaltsgenehmigung verlängert werden könne.

Die Dame hatte bereits den neuen Paß und konnte ihn umgehend zur Behörde bringen. Wenige Tage später bekam sie die schriftliche Mitteilung, daß sie den Paß mit dem Visum abholen könne. Wiederum wurde es ihr etwa zehn Tage nicht möglich gemacht, diese Formalität zu einem Abschluß zu bringen - wiederum schaltete sich die Bekannte ein. In liebenswürdigster Weise wurde ihr mitgeteilt, daß Frau X. das Visum in 14 Tagen abholen könne. Auf energischen Protest hin wurde es dann doch möglich, am darauffolgenden Tag den Paß mit dem so wichtigen Visum abholen zu dürfen.

N~ och ein Beispiel: Eine bosnische Studentin (aus Sarajewo) ruft bei einem Arbeitsamt in Wien an, um zu fragen, ob bosnische Studenten, die an der Wiener Universität inskribiert sind, in den Semesterferien Geld verdienen dürfen. „Nein, Sie können ja nach Hause fahren”, kommt die schnippische Antwort. Auf den Hinweis, daß dies derzeit nicht möglich sei, läßt die Beamtin sie wissen, daß dafür Österreich nicht verantwortlich sei! Ahnliche Erfahrungen mit der Bürokratie wissen unzählige Betroffene zu berichten.

Jeder Flüchtling aus Bosnien ist zwar Österreich zutiefst dafür dankbar, daß ihnen hier Zuflucht gegeben und das Überleben möglich gemacht wurde.

Warum, bitte, erlauben es sich Beamte und Behörden, mit Ausländern/Flüchtlingen unhöflich, unfreundlich, arrogant umzugehen? Wo ist der Unterschied zwischen ihnen und „denen”? Würde es helfen, ihnen klar zu machen, daß der einzige relevante Unterschied darin besteht, daß sie das Glück haben, in gesicherter Position, in einer geordneten Gesellschaft, unter ihrem eigenen Dach, mit selbst verdientem Lebensunterhalt leben zu dürfen - und die anderen eben all das nicht können, nicht haben, und überhaupt nicht wissen, wie ihr Dasein sich normalisieren könnte? Muß den Beamten und Behörden erst gesagt werden, daß diese Menschen Opfer und nicht die Täter sind?

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