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Weltlandschaften

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Professor Gütersloh, um den sich in den ersten Nachkriegsjahren des zweiten Weltkrieges die „Wiener Schule“ der phantastischen Realisten formierte, hat von Anton Lehmden einmal gesagt: „Überall, wo Lehmden ist, ist Landschaft.“ Damit ist auch Lehmden bereits charakterisiert. Der 1929 in Neutra (Slowakei) geborene Lehmden, der von 1945 bis 1950 an der Akademie der bildenden Künste in Wien studierte, hat als Mann vom Lande die Landschaft wiederentdeckt, die berstende Landschaft, die sich von innen erneuernde Landschaft, die Landschaft in ihrer sich verwandelten Vielfalt und Bedrohlichkeit. Landschaft ist für diesen Maler, der selbst ein Stück personifizierten Landes ist, alles. Durch sie kann er das ausdrücken, was ihn geformt hat und bewegt, aber auch all das, was ihn von außen bedroht. Kein Wuniäer,1>daß„in> seinen Landschaften EeVsslueJie bogeschleOTer .erHeiii FBt*eii*wwtidentBodfinbrertw*-umi' Mt<ftitaMt!n6sinnen, JjÄÖrtdiÖntTWi H&O0t%M0taism

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Professor Gütersloh, um den sich in den ersten Nachkriegsjahren des zweiten Weltkrieges die „Wiener Schule“ der phantastischen Realisten formierte, hat von Anton Lehmden einmal gesagt: „Überall, wo Lehmden ist, ist Landschaft.“ Damit ist auch Lehmden bereits charakterisiert. Der 1929 in Neutra (Slowakei) geborene Lehmden, der von 1945 bis 1950 an der Akademie der bildenden Künste in Wien studierte, hat als Mann vom Lande die Landschaft wiederentdeckt, die berstende Landschaft, die sich von innen erneuernde Landschaft, die Landschaft in ihrer sich verwandelten Vielfalt und Bedrohlichkeit. Landschaft ist für diesen Maler, der selbst ein Stück personifizierten Landes ist, alles. Durch sie kann er das ausdrücken, was ihn geformt hat und bewegt, aber auch all das, was ihn von außen bedroht. Kein Wuniäer,1>daß„in> seinen Landschaften EeVsslueJie bogeschleOTer .erHeiii FBt*eii*wwtidentBodfinbrertw*-umi' Mt<ftitaMt!n6sinnen, JjÄÖrtdiÖntTWi H&O0t%M0taism

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Seine minuziös gemalten Himmel stehen drohend und oft Unheil kündend über Schluchten und Abgründen, über die verschreckte Vögel flattern und schweben, Fische sich verzweifelt aufbäumen und bösartige Käfer die Nacht verkünden. Auch ist der Krieg mit eingezogen in seine Landschaften. Messerkämpfe und Panzerschlachten als Ausdrucksmittel des urzeitlichen und modernen Krieges sind böse Träume und Schrecken, denen sich der Mensch, nackt, ungeschützt und wehrlos, gegenübersieht. Auch die Menschen, die Lehmden malt, sind geheimnisvoll, heimatlos und zeitlos zugleich, denn in ihren Gesichtern spiegelt sich die Geschichte von Jahrhunderten.

Dynamisch sind seine Bilder, kreisend und voller Unruhe; und damit unterscheiden sie sich deutlich von denen der „Donauschule“, der Lehmden bestimmt vieles verdankt. Aber Lehmden geht in seinen Landschaften über die mittelalterliche Erlebniswelt der Meister der „Donauschule“ hinaus. Für ihn sind Mensch und Natur zugleich bedroht, von innerer Unruhe erfaßt und ausgesetzt den bösen Dämonen der Gegenwart. Darum ist bei ihm ja auch alles in eine oft nicht allzuschwer erkennbare Bewegung geraten, um sich dann — aufgeschreckt und in Wirbel versetzt — wieder in den Kreislauf der Natur einzuordnen und einzugehen in das ewig Bleibende der von Erschütterungen heimgesuchten Welt.

Was ist es nun, was für Lehmden so stark einnimmt? „Eine ungemeine Innigkeit der Empfindung“, schreibt Johann Muschik, einer der ersten fördernden Kritiker der „Wiener Schule“. Und er fährt fort: „Lehmden wird nicht müde, die Einzelheiten der Natur, jeden Buckel, jede Mulde auf das genaueste ziu studieren. Mit einem feinen Pinsel, Strich neben Strich, sehr kurz, und Haken neben Haken setzend, baut er seine Moesdecken, seine bärtigen Gewächse auf, stuft er das Grün harmonisch und voller Reichtum ab. Ein Hin-und-Herwiegen ist in den Himmeln und Landschaften Lehmdens, in seinen feinen schlanken Bäumen, in seinen Hügeln und Teichen. Gestirne kreisen, Vögel stoßen in die Luft. Ganze Kosmogonien gehen dort oben vor sich.“

Lehmden ist seinen Landschaften und seiner Erlebniswelt treu geblieben und hat damit — auch international gesehen — frühen Ruhm erlangt. Viele Förderungspreise wurden dem Maler verliehen. Vor einem Jahr erhielt er die Goldmedaille der Stadt Rom, vor zwei Jahren wurde er Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste in Florenz. Seine Bilder schmücken berühmte Galerien in aller Welt. In Paris nannte ihn einmal ein Kritiker den „Brueghel des 20. Jahrhunderts“. Lehmdens Hauptwerk, wenn man es so nennen darf, befindet sich nicht in Wien, nicht in Österreich. Bs befindet sich in Istanbul. Mit der Neugestaltung der Sankt-Georgs-Kapelle in Istanbul, die von Lehmden purifiziert und mit bedeutenden Werken geschmückt wurde (erst vor kurzem weihte Kardinal Döpfner das von Lehmden in Wien gemalte und im erzbischöf-Uchen Museum in Wien zur Schau gestellte Kreuzigungsbild), hat Anton Lehmden ein christliches Werk geschaffen, das in seiner Art vielleicht zu den schönsten und interessantesten in Europa gehört. Es ist ein Werk von zeitloser Gültigkeit, strahlender Poesie und Ausdruckskraft. Man kann sich seiner dichten Atmosphäre, seinen subtilen malerischen Reizen nicht entziehen, ebensowenig seiner natürlich lodernden Dramatik.

Lehmdens „WeUlandschaften“ hat der Salzburger Residenz-Verlag einen repräsentativen, 163 Seiten umfassenden Bildband mit durchwegs farbigen Reproduktionen gewidmet, zu denen der bekannte Wiener Kunstschriftsteller Alfred Schmeller einen ausführ! chen, einführenden Text schrieb, der sich in einen Essay und in einen Drei-Epochen-Tafelteil gliedert. Darum zeichnet Alfred Schmeller, der um das Wesen Anton Lehmdens genau Bescheid weiß, den Werdegang des Malers von 1945 bis 1968. In dem vorangestellten Essay werden aber auch die charakteristischen Merkmale in der Malerei Lehmdens wie: Erdliebe, Katastrophen, Krieg, Himmel, Geschichte, Geomorphologie, Wolkensprache und Topographie, auf eindrucksvolle Weise. undH mit der Sprache eines ausgezeichmieien Kunstkenners dargelegt und bilden so den Schlüssel zur Erlebniswelt Lehmdens. — Ein Bildband, zu dem — um es abschließend zu sagen — dem Künstler und dem Verlag zu gratulieren ist.

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