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Afrikanische Einheit

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PANAFRIKA — KONTINENTALE WELTMACHT IM WERDEN? Von Hanspeter F. Strauch. Mit einem Vorwort von Leopold S. Senglior. Atlantis-Verlag, Zürich, 1964. 416 Seiten. Preis 28 sFr.

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PANAFRIKA — KONTINENTALE WELTMACHT IM WERDEN? Von Hanspeter F. Strauch. Mit einem Vorwort von Leopold S. Senglior. Atlantis-Verlag, Zürich, 1964. 416 Seiten. Preis 28 sFr.

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In Mitteleuropa ist die Fachliteratur über das moderne Afrika und seine politischen, kulturellen, ökonomischen und juridischen Probleme sehr dünn gesät. Folge und wiederum Ursache dieses Mangels ist die Uninformiertheit auch der politisch interessierten Kreise bezüglich der afrikanischen Probleme, und diese Uninformiertheit führt zu einem Nichtverstehen und einem Unvermögen, die Geschehnisse eines ganzen Kontinents realistisch einzuschätzen. Daher ist es eine besonders dankenswerte Aufgabe, die Hanspeter Strauch mit seinem Buch „Panafrika“ übernommen hat. Er untersucht den Panafrikanismus und bringt bei der Behandlung dieses Themas Kernprobleme des Kontinents zur Sprache.

Dem Historiker bietet das Buch eine Darstellung der Entwicklung des Panafrikanismus, von Garvey und Williams über Dubois und Pad-more zu den Ideologen der Jetztzeit, wie Nkrumah und Kenyatta. Dem Juristen bietet das Buch auf dem Gebiet des Völkerrechtes Einblick in die hochinteressanten und teilweise juristisches Neuland beschreitenden Verträge, wie die Union Sahel-Benin (Conseil de VEntente), auf dem Gebiet des Staatsrechts Einblick in die Grundzüge der einzelnen afrikanischen Verfassungen. Der an den politischen Wissenschaften Interessierte wird unter anderem durch die Analyse des afrikanischen Einparteiensystems und dessen Abhängigkeit von Infrastruktur und gesellschaftlicher Wirklichkeit beeindruckt. Jeder aber, der die Weltpolitik aufmerksam verfolgt, insbesondere der Journalist, müßte durch dieses Buch erkennen, daß man mit bloßen Pauschalurteilen, die auf Klischee und Vorurteil gegründet sind, an den Realitäten vorbeigeht. Zum Erkennen der afrikanischen Wirklichkeit, zum Wissen um die Aktivität, die in ganz Afrika herrscht, zum Verständnis der Dynamik, die mit der afrikanischen Solidarität verbunden ist, die besonders in der sachlichen Arbeit verschiedener Organisationen, wie der Economic Commission for Africa (ECA), vorangetrieben wird, wird das Buch sicher beitragen.

Der Autor fordert als Europäer von Europa: „Möge das Abendland tolerant und verständig genug sein, um zuzulassen, daß sich eine bisher unterdrückte Kultur auf die gleiche Stufe erhebt und damit die kulturelle Hegemonie des Abendlandes begräbt.“ Diese Forderung ist kein Appell an einen emotionalen Idealismus, kein Appell an Mitleid, sondern eine Aufforderung, die Äugen nicht vor den Tatsachen zu schließen. Die Emanzipation Afrikas ist Wirklichkeit geworden, und vom Aufstieg Afrikas ist die afrikanische Solidarität nicht zu trennen. Die Versöhnung der Casablanca-Gruppe mit der Brazzaville-Gruppe und die Gründung der Organisation der Afrikanischen Einheit auf der bereits historischen Konferenz von Addis Abeba 1963 haben gezeigt, daß Panafrika mehr als ein Traum oder ein Alibi für persönliche Machtpolitik sein kann. Dadurch ist das Wort Leopold Sedar Senghors, daß „der Mythos der afrikanischen Einheit die solideste afrikanische Wirklichkeit in dieser zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist“, einer Verwirklichung näher gebracht.

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