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Kinderhände kneten kotige Klumpen

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Die italienische Stadt Faenza an der Autobahn Bologna-Baven -na ist einen Abstecher wert. Dieser wird zum ausgedehnten Resuch, für jeden der den Glanzpunkt besucht: das Museo Internazionale delle Ceramiche. 1908 gegründet, 1944 teilweise zerstört, von der Weltgemeinschaft wieder aufgebaut. Es zeigt Keramik aus aller Welt, angefangen von der Etruskerkultür vor etwa 2500 Jahren, von den Alten Griechen, von China, Afrika, Peru bis zur Gegenwart. Ein Augenschmaus seltener Art von Formen und Farben. Keramik vom Feinsten ist auch in den vielen Ateliers rundum zu finden. Der Maler I.e-herb hat dort in jahrelanger Tätigkeit die riesigen Keramik-Rildwände für die Wiener Wirtschaftsuniversität geschaffen.

Der Ton wird von Kindern gemacht. „Jedes Kind will die Welt entdecken, die es umgibt“, meint Bruno Munari, der Kurator des Hauses. Er spricht vom „Laboratorio giocare con l'arte“ des Museums. Es gibt keinen schöneren und passenderen Namen für diese Kinderkeramikschule: Werkstatt zum Spielen mit Kunst. Was Faenza in seinen Werkstätten seit Jahrhunderten produziert, die Fayence, ist Ton-Kunst in bestem Sinn. Und hier beginnen schon die Kinder damit. „Wenn wir daran glauben, daß Kenntnisse die Entwicklung der Persönlichkeit fördern, finden wir auch den richtigen Weg, die Kinder mit den einmaligen Eigenschaften einer antiken Leistung vertraut zu machen, deren Welt auch heute noch aktuell ist, nämlich mit der Keramik“ - so lautet das Credo des Erfinders dieser Keramikschule. Und was tut sich dort?

Die Hände auf einen weichen Ton block legen, frei zu kneten beginnen, die Finger anpatzen (und auch das Gesicht), herumwerken, herumquetschen, herumrollen, wieder zusammendrücken, andere Stücke draufpat-zen, wieder auseinanderkletzeln, ei-Teig auswalzen, irgendwelche ;e entstehen lassen, alles wieder lf einen Würfel kneten und etwas Neues anfangen -und was? Egal. Nur nicht dreinreden. Kreativität erlaubt keinerlei Einmischung.

Für das Spiel mit Bitzbildern, mit Farben auf Kacheln oder auf Objekten sind in dieser Schul- Keramikwerk -statte alle Möglichkeiten gegeben. Dazu kommen die Anregungen aus dem Museum im selben Gebäude, Ideen der Keramikkunst von Jahrtausenden: Teller, Vasen, Krüge, Kacheln, Figuren - alles.

Die angehenden 30 jungen Künstler und Künstlerinnen erlernen hier alle Techniken. Sie lernen, wie mit Stempeln Muster eingedrückt werden, wie mit Folienstückchen dekoriert wird, wie man mit einer gewöhnlichen Eßgabel lustige Effekte einritzen kann. Auch wie sich die Farbe beim Brennen zur leuchtenden Pracht verändert und wie schließlich glasiert wird.

Der Weg zum Meister ist noch weit für diese Bambini, die mit viel Eifer und Freude an ihren Patzen Lehm herangehen. Doch Faenza braucht diesen Nachwuchs ...

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