6735712-1966_19_07.jpg
Digital In Arbeit

Verkauf von Neugeborenen

Werbung
Werbung
Werbung

Dagegen enitwickelt sich in siid- amerikanischen GroBstadten, deren Bevblkerung europaischen Ur- sprungs ist — vor allem in Argen- tinien —, eine andere Art des Kin- derhandels, die Sozialpfleger und Kriminalisten in gleicher Weise be- unruhigt. Hebammen oder Kranken- schwestem „besorgen“ Neugeborene gegen Bezahlung, die als Kinder der Kaufer in das Geburtsregister ein- getragen werden. Meist handeln sie im Einverstandnis mit der meist ledigen Mutter, die ihre oft schwie- rige Situation auf diese Weise lost.

Aus verschiedenen Strafverfahren wurde aber ersichtlich, daB Schwe- stem in offentlichen Hospitalern auch Kinder vertauschen oder lebende als tot vortauschen.

Grunde und Hintergriinde

Der Kauf der Kinder vor oder bei der Geburt hat zwei Grunde: Zunachst ist das argentinische Adop- tionsrecht unbefriedigend. Die zu- kiinftigen Adoptiveltern mussen das Kind erst zwei Jahre aufziehen, ehe sie iiberhaupt den Antrag auf die „Annahme an Kindes Statt" stellen konnen. Es dauert Jahre, bis der Antrag erledigt wind. Aibgesehen von dem ermudenden Papierkrieg mit der Biirokratie besteht vor allem eine andere Gefahr: Nach dem Gesetz kann die — meist un- eheliche — Mutter das Kind in den ersten zwei Jahren zuriickfordem, sei es, daB sie wirklich ihre Lieb- losigkeit bereut, sei es, daB sie Geld erpressen will. Bei der zustandigen Behbrde, dem „Consejo Naeional de Proteccibn de Menores" („National- rat zum Schutz der Minderjah- rigen“), glaubt man, daB aus diesem Grunde die Zahl der illegal gekauf- ten Kinder doppelt so hoch ist wie die der legal adoptierten.

Weiter hat aber die neue Mutter zuweilen psychologische Motive, um das Kind als von ihr geboren vor- zutauschen. Sie hat in diesen Fallen ihre Unfruchtbarkeit als Mangel empfunden, der sich als Minder- wertigkeitskomplex dem Manne, der Familie oder der Gesellschaft gegenuber auswirkt. So spiegelt sie eine nicht vorhandene Schwanger- schaft vor und tut so, als ob das ge- kaufte Kind von ihr stamime.

In jedem Fall hat das „Unter- schieben von Kindem“, die falsch- lich als eigene in das Geburtsregister eingetragen werden, einen solchen Umfang erreicht, daB die argentinische Regierung schon vor einiger Zeit ein Gesetz Uber die „Identiflzierung der Neugeborenen" ertassen hat. „Zum Schutz der Kinder und der Familie" und „zur Ver- meidung strafbarer Handlungen" mussen Arzte bei der Entbindung Fingerabdriicke der Mutter und FuBabdriicke des Kindes nehmen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung