6735687-1966_19_06.jpg
Digital In Arbeit

Mehr als ein Friihstuck

Werbung
Werbung
Werbung

Die Berichte. vom Treffen in Paris lieBen eigentiimlicherweise einige wichtige Punkte unbeachtet. In Kopenhagen verlautet, daB Staats- minister Kr a g wahrend seiner Ge- sprache mit de Gaulle diesem nicht nur weitere Konsultationen in der Europafrage, sondern auch die Bil- dung eines danisch-franzbsischen Expertenkomitees ftir Probleme, be- treffend die Zukunft der NATO vor- geschlagen habe.. Die Unterredung in Paris dauerte zur Verwunderung der Danen wesentlich langer als vor- gesehen. Krag hatte ein stunden- langes privates Gesprach mit dem General, und anschlieBend kam es noch zu einem gemeinsamen Frtih- sttick. Das ist sehr viel ftir den Ver- treter eines so kleinen Landes! Krag sagte in Paris, daB Danemark An- hanger der militarischen Integration sei, jedoch auch versuchen wolle, mit

Frankreich zu einem praktischen Arrangement zu kommen. „Le Monde" deutete Krags Antworten so, daB die Entwicklung des Krieges in Vietnam und Frankreichs Abkehr von der NATO in Danemark Beftirchtungen und tiefe Sorge ausgelbst habe. Die Anderung der Situation in Europa zwinge Danemark zu einer ntichter- nen Uberprtifung seiner Europapoli- tik. Es zeugt von Krags Mut, daB er in einem Interview in Washington, am 22. April, noch etwas weiter ging und klar aussprach, daB nach seiner Uberzeugung die FNL (Befreiungs- front) in Stidvietnam an den Frie- densverhandlungen teilnehmen mtis- se. Er betonte abermals die in Danemark herrschende Unruhe tiber die Entwicklung in Sudostasien und be- zeichnete diese als das Haupthinder- nis auf dem Wege zu einer Abrii- stung. Was er zu Rusk und Johnson gesagt hat, ist nicht bekannt.

Es mag interessant sein, hier zu er- wahnen, daB die danische Regierung in eben diesen Tagen zur groBen Verwunderung danischer und west- deutscher NATO-Offlziere ihre Er- laubnis zu gemeinsamen danisch- deutschen Militartibungen auf dani- schem Boden verweigert hat! Die frtiheren Demonstrationen gegen solche Ubungen kbnnen kaum als einleuchtender Grund ftir ein solches Verbot dienen!

Etwa zur gleichen Zeit kam es zur Einsetzung eines sogenannten Ver- teidigungspolitischen Ausschusses durch den Vorstand der Arbeiter- partei, dem Verteidigungsminister Gram und Vertreter der Parlaments- fraktion, des Jugendverbandes, der Gewerkschaftszentrale, des Presse- dienstes der Partei und der Infor- mationszentrale der Arbeiterbewe- gung angehoren. Der AusschuB soil die militarpolitische Entwicklung in Europa genau verfolgen und Dane- marks Sicherheitspolitik tiberprtifen!

Neue Hbhepunkte

Hinter all dieser nervbs anmuten- den Reisetatigkeit, den verschiedenen Aussprtichen und Beschltissen steht zweifellos auch die Erkenntnis, daB die politischen Fronten in Danemark noch lange nicht zur Ruhe gekom- men sind: Nach den letzten Peilun- gen der politischen Stimmung im Lande hat die Arbeiterpartei — und das heiBt die Regierung Krag —

unter der Wahlerschaft weiter an EinfluB verloren und erreichte einen neuen Tiefpunkt; der An teil der konsequent natofeindlichen Soziali- stischen Volkspartei aber stieg nach diesen Untersuchungen allein seit den Kommunialwahlen um 30 bis 40 Prozent! Die Warnungszeichen in dieser Entwicklung konnen nicht einmal mehr von Krag iibersehen werden. Wahrend die Wahl im September 1964 der Arbeiterpartei 41,9 Prozent der Stimmen brachte und den Linkssozialisten 5,8 Prozent, ergab die Meinungsbefragung fiir die Sozialdemokratie nur noch 35,4 Prozent und fiir die Sozialistische Volkspartei 11,2 Prozent, ihren bisher hbdhsten Stand.

Dutch die Besuche bei de Gaulle und Johnson hat sich das Image Krags und Haekkerups zweifellos erhoht, wenn man auch in Danemark selbst diese Auswertung sehr niich- tern und nicht ohne Ironie beurteilt. War es nicht vielleicht de Gaulle,

der durch einige geschickte Regie- griffe Krag die Rolle eines politischen Laufjungen zuschob und den eines geachteten Verbundeten, in Er- mangelung anderer Verbiindeter? Haekkerup aber hat nun seine Par- teifreunde davon uberzeugt, daB er, infolge seiner regen Reisetatigkeit, zwei Vice-AuBenminister haben muB. Er selbst wird nun eine Reihe von Landern in Ostasien besuchen. Die politische Reisekonjunktur nahert sich neuen Hohepunkten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung