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Neutralitat der Nachbam

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Die immerwahrende dsterreichi- sche Neutralitat hat fur die beider benachbarten Alpenrepubliker Schweiz und Osterreich eine gieicht auBenpolitisehe Grundlage geschaf- fen.

Wenn auch durch Jahrhunderte auseinanderliegend, waren dock wohl die politischen Motive fur der Ursprung der Neutralitat in beider Landern sehr ahnlich: Beide sind in einer poiitisch unruhigen Zeil entstanden. In beiden Landern wurde so das Prinzip der immer- wahrenden Neutralitat zur Maxime des staatspolitischen Handelns er- hoben. Ihr Ziel ist es, die Unver- letzlichkeit des Staatsgebietes und die Unabhangigkeit gegeniiber einer machtigen Umwelt zu wahren.

Aus freien Stucken

In dem vom Nationalrat nach Ab- zug der fremden Truppen am 25. Oktober 1955 beschlossenen Ver- fassungsgesetz fiber die Neutralitat Osterreichs ist festgelegt, dafi „Osterreich aus freien Stucken seine immerwahrende Neutralitat" er- klare. Die Tatsache, daB die oster- reichische Bereitschaft zur immer- wahrenden Neutralitat ein wesent- liches Element in den Verhandlun- gen mit den alliierten Machten bil- dete, kann daher nicht so ausgelegt werden, daB die Neutralitat nur der Preis fur die Erlangung unserer Unabhangigkeit war. Es beweist dies eher die Richtigkeit der grund- legenden, von Osterreich aus freien Stucken angestellten politischen Erwagungen, daB unter den ge- gebenen politischen Voraussetzungen die Freiheit und Unabhangigkeit Osterreichs auf der Basis der immer- wahrenden Neutralitat nicht nur wiedererlangt, sondern auch in der Zukunft am besten gesichert werden konne.

Im Moskauer Memorandum hat Osterreich zugesagt, „immerwah- rend eine Neutralitat derart zu iiben, wie sie von der Schweiz ge handhabt wird". Auch dies war ein osterreichischer Vorschlag. Somit hat sich Osterreich zur klassischen Form der Neutralitat nach einem fur uns sehr naheliegenden Vorbild bekannt und damit die Weiterver- folgung des seit den Wahlen im November 1945 beschrittenen Weges, namlich den der westlichen Demokratie, gesichert.

Keine ideologische Neutralitat

Der Begriff der immerwahrenden Neutralitat bedeutet bekanntlich nicht nur deren zeitlich unbegrenzte Anwendung, sondern stellt vor allem eine Qualiflkation insofem dar, alis dadurch der neutrale Staat die Verpflichtung ubemimmt, bereits in Friedenszeiten alles zu unterlassen, was seine Handlungs- freiheit im Kriegsfalle einschranken konnte. Die osterreichische Bundes- regierung hat ihr Handeln strikte auf diese Verpflichtung eingestellt, hat aber anderseits auch keinen Zweifel daran gelassen, daB es sich hierbei um keine ideologische Neu- tralitat handeln konne. AnlaBlich der Verabschiedung des erwahnten Verfassungsgesetzes wurde in einer Erklarung der osterreichischen Bun- desregierung eindeutig klargestellt, daB hierdurch in keiner Weise die Grund- und Freiheitsrechte der Staatsburger beschrankt werden. Wortlich wurde festgestellt: „Die Neutralitat verpflichtet den Staat, nicht aber die einzelnen Staatsburger. Die geistige und poiitische Freiheit des einzelnen, insbesondere die Freiheit der Presse und die Meinungsaufierung, sind durch die dauernde Neutralitat eines Staates nicht beriihrt. Damit ist auch keine Verpflichtung zur ideologischen Neu tralitat begrtindet." Damit wurden die Grenzen der Neutralitatspflich- ten dangelegt und ein klarer Tren- nungsstrich gegeniiber dem Neutra- lismus gezogen.

gewirkt — ich brauche nur an Wien als den Sitz der Internationalen Atomenergieorganisation zu er- innern —, und es haben sich auch keine Schwierigkeiten hinsichtlich unserer volkerrechtlichen Stellung engeben. Wir hatten niemals Nach- teile, und wir haben unseren Ent- schluB niemals bereut. Es ergab sich wohl die Notwendigkeit, bei unzah- ligen Abstimmungen zu politischen Problemen, die uns nicht direkt be- riihren, Stellung zu nehmen.

Nachdem sich unter den gegebe- nen weltpolitischen Verhaltnissen die urspriingliche Idee der kollek- tiven Sicherheit als undurchffihrbar erwiesen hatte, wurden bekanntlich zur Stillegung von Krisenherden in der Welt von den Vereinten Natio- nen sogenannte „peacekeepings operations", friedenserhaitende Aktionen, wie seinerzeit im Kongo und jetzt in Zypern, durchgefiihrt. Diese erscheinen mit dem Neutra- litatsstatus nicht nur vereinbar, sondern haben sich geradezu zu einer Funktion der Neutralen und block- ungebundenen Staaten in der Weltorganisation entwickelt. Osterreich hat mit einer Saniitatseinheit an dem Einsatz im Kongo teilgenommen und hat auch derzeit wieder eine solche Einheit auf Zypern, die dort ein Feldspital fur die UN-Truppen betreibt. Erstmals kam es in Zypern auch zum Einsatz von UN-Polizei, darunter auch einer osterreichischen Einheit, was den Charakter dieser UN-Aktion unterstreicht.

Innerhalb und auBerhalb der UNO wirken

Die Schweiz hat bekanntlich diese Friedensbemuhungen, obwohl nicht Mitglied der Organisation, ebenfalls durch betrachtliche freiwillige flnan- zielle Beitrage unterstiitzt, was uns in der Auffassung bestarkt hat, daB Polizeiaktionen dieser Art nicht grundsatzlich unserer Neutralitat zuwiderlaufen.

Die Schweiz ist auBerdem ebenso wie Osterreich Mitglied der UN- Spezialorganisationen, und hier er- gibt sich ein weites Feld fur die Zusammenarbeit zwischen den beiden Landern auf den verschieden- sten Gebieten. In diesem Zusam-

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