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Noch weitere. Prozesse?
In den letzten Tagen des. Pro- zesses sickerte in Budapest die Nach- richt durch, daB von den im Fruhjahr Verhafteten sich noch immer einige Dutzend in Haft befinden. Da es dar- unter einige gibt. deren Namen im Zeitpunkt ihrer Verhaftung bekannt- gegeben wurde, rechnet man mit wei-
den Angeklagten vorgeworfen wurde.
Erst allmahlich und sehr am Rande kotnmen daher in dieser Urteils- begriindung die andersartigen Kon- turen der eigentlichen Anklage zum Vorschein. Denn die „Feststellung”, wonach die Angeklagten „in der Holfnung eines kriegerischen Kon- flikts” eine Verschworung zum Sturz der Volksrepublik angezettelt hatten, ist bestenfalls nur der Blickfang zur Anfuhrung und gleichzeitig, fur die naiveren Gemiiter des In- und Aus- landes, zur Verdeckung der wahren Sorgen und Anliegen der Ideologen des Regimes, die sich hier in einer ge- wissen Defensivstellung befinden.
Dieser zweite, gleichsam stillere Teil der Urteilsbegrundung spricht sehr behutsam dariiber, daB die Leiter der Organisation ihre wahren politi- schen Absichten vor den „einfachen Mitgliedern der Organisation, beson- ders vor den Jungen” verheimlicht hatten. Sie hatten einen Teil der ille- galen Gruppen irregefuhrt, indem sie ihre ..religiose Leichtglaubigkeit” miB- braucht hatten. Was also wahrschein- lich heiBen soil, daB der religiose Mensch, besonders wenn er jung ist, leichtglaubig sei und gar nicht merke, wenn er von seinem Religionslehrer, von seinem Beichtvater, in die Irre ge- fiihrt wird. Und das soil zur Warnung aller dienen, die sich da noch vor- genommen hatten, ihre Kinder zur Religionsstunde zu schicken! Staat, die ..Volksdemokratie”,
wachsam und verhindere das Unheil, indem er die Burger, des Staates warnt und die Schuldigen bestraft. Gleichzeitig wird versichert, daB man nichts gegen eine freie Religionsausiibung habe..
teren Prozessen. die jedoch nach den nicht immer giinstigen Erfahrungen, die man mit dem jetzigen ProzeB ge- macht habe, vielleicht ohne die An- wesenheit von Pressekorrespondenten stattfinden werden. Wie dem aber auch sei, die kommunistische Fuh- rung des Landes scheint entschlos-
sen, ihre bisherige Methode der Zu- sammenarbeit mit den Ordinarien und der langsamen Durchdringung mit Hilfe von sogenannten „Friedens- priestern” so zu verscharfen, daB nun- mehr auch die stille, seelsorgerische Tatigkeit meist junger, unbekannter Priester im ganzen Land eingeschrankt und mehr als bisher kontrolliert werden soil. Die fiihrende Teilnahme an hochst anfechtbaren, in ihrer priester- lichen Qualitat meist fragwiirdigen Personlichkeiten im Kollegium der „Friedenspriester” erschwert die Ak- tionsfahigkeit dieser Gruppe, und selbst die kommunistischen Arrangeure haben manchmal das groteske Er- gebnis ihrer Bemuhungen, ihre Schutz- linge zur Ausschaltung von hochquali- fizierten jungen Theologen und Kanzelrednern ins Spiel zu bringen, eingesehen. Nun miissen diese, wie sie glauben, letzten Hindernisse einer „Zusammenarbeit zwischen Staat und
Kirche” eingeebnet werden. Das System des wahren Konformismus, das alle fruheren „Reaktionen”, nationale, kirchliche, philosophische Konfor- mismen, so giinstig einzusetzen weifi, hat fur christliche ..Nonkonformisten “, die diese ihre Haltung weniger inter- pretieren und zur Schau stellen, als vielmehr ihren Mitmenschen schlicht vorleben, keinen Platz. Sie miissen verschwinden, und auch wenn darauf- hin von den Herren Nenni oder La Pira Protestschriften kommen — wie dies jetzt geschehen ist. Es ist nur sehr die Frage, ob die neue Methode viel helfen wird. Die Augenzeugen des Priesterprozesses von Budapest neigen dazu, diese Frage zu verneinen.
Der sei
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