6698210-1963_16_15.jpg
Digital In Arbeit

„Der Zerrissene“ in Linz

Werbung
Werbung
Werbung

Nach langer Pause bringt das L i n z e r Landestheater wieder die Premiere eines Sprechstückes, nachdem Anouilhs „Ball der Diebe“ erst verschoben und dann einen Tag vor dem neuen Termin abgesetzt wurde. Um so mehr konnte man eine gediegene, wenn auch dem Gedenkjahr nachhinkende Aufführung von Nestroys „Der Zerrissene“ erwarten. Die Aufführung krankt aber an Fehlbesetzungen. Alexander Wagner hat den Herrn von Lips zu spielen. Er bemüht sich ehrlich, mit der Rolle fertig zu werden, doch es fehlen ihm dafür alle Voraussetzungen. Die Feinheiten des Dialogs und der Couplets, die spritzigen Pointen gehen verloren, da Nestroys Wirkung auf seiner Sprache, ' dem zündenden, dabei diskreten Witz beruht, die eine vollendete Interpretation verlangen. Auch vom Trio seiner Freunde ist nur Herbert Kucera voll am Platz. Richard Elias als Schlosser Gluthammer bietet neben dem feinnervigen, unterspielenden Wagner derbes Bauemtheater, während Gustav Dieffen-bacher einen simplen Witz bis zum Überdruß wiederholt. Besser trifft Herr Westen den Nestroy-Ton als devoter und am falschen Platz energischer Justitiarius. Etwas Glanz kommt in die Aufführung durch die Frauenrollen, obwohl diese bei Nestroy nicht sehr dankbar sind. Helga

David ist als Kathi richtiggehend ein Lichtblick und ihre Sprache ein Labsal. Uta Wagner steuert als männerverbrauchende Madam Schleyer Humor bei. Der tiefere Gehalt der gerade in der Zeit des Wirtschaftswunders mit seiner Übersättigung und Unzufriedenheit aktuellen Komödie, die in Witz und Sarkasmus eingehüllte Weisheit werden durch eine polternde primitive Komik übertönt. Sicherlich ist der junge Regieassistent Gottfried Schwarz überfordert, doch waren einige Darsteller auch sichtlich nicht bemüht, sich vom jungen Spielleiter in ein Ensemble einbauen zu lassen. Gut ist das Bühnenbild von Leo K1 i e g e 1; die Bearbeitung der Originalmusik Adolf Müllers durch Gustav Zelibeir .für ein, Bläserquartett mit Cembalo ist apart. Trotz mancher Schwächen unterhielt sich das Publikum der vollbesetzten Kammerspiele bestens und spendete reichen Beifall.

Das Linzer Kellertheater brachte Martin Walsers „Abstecher“ und „Die große Wut des Philipp Hotz“ von Max Frisch. Unter der Regie Ferry Bauers wurde eine nette, abgerundete Aufführung geboten. Das Publikum nahm die beiden Linzer Erstaufführungen beifällig auf.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung