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Drohende Rezession

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Die große Kauflust der Amerikaner läßt nach, teilweise stagniert der Absatz der Verbrauchsgüter. Die Wirtschaft der Vereinigten Staaten flirtet mit einer Rezession, sagen Experten.

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Die große Kauflust der Amerikaner läßt nach, teilweise stagniert der Absatz der Verbrauchsgüter. Die Wirtschaft der Vereinigten Staaten flirtet mit einer Rezession, sagen Experten.

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Das Wort ist in den Vereinigten Staaten seit sechs Jahren nicht gebraucht worden, doch jetzt gehört es zum gängigen Wortschatz: Rezession. Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen bemühen das Wort immer häufiger, strapazieren es geradezu. Der Anlaß: Die US-Wirt- schaft verzeichnet ein verringertes Wachstum, die Verbraucher halten mit ihren Anschaffungen zurück. Droht wirklich eine Rezession?

Das angesehene „Wall Street

Journal“ spricht zwar von einer „weichen Landung“, auf die sich die Amerikaner gefaßt machen müssen, meint auch, die Gewinne der Unternehmen würden zurückgehen. In diesem Sinne äußert sich auch John McConnell, Generaldirektor des Stahlkonzems Worthing- ton Industries Columbus/Ohio: „Das Wachstum verlangsamt sich, aber damit wird die US-Industrie leben können“.

Andere Beobachter finden eine derartige Einschätzung der Lage allerdings ein wenig zu optimistisch, wie es ein New Yorker Bankier formuliert. Er verweist darauf, daß vor allem der Verbrauchsgüterabsatz teilweise stagniert Dafür gibt es auch einige recht beängstigende Beispiele:

In North Carolina haben große Möbelgeschäfte aufgehört, zu wer- benund zu inserieren, weil das „Geld zum Fenster hinausgeworfen ist“, 6agt Manager Michael Taylor von Towerhouse Fumiture. Bei vielen Autohändlem gibt es Hunderte von Neuwagen, die sich nicht verkaufen lassen, obwohl die Preise bis zu 5.00 0 Dollar herabgesetzt wurden und Billigst-Kredite eingeräumt werden. Kein Zweifel: Die seit sechs Jahren ungebrochene Kauflust der amerikanischen Verbraucher ist zu Ende gegangen. Solche Verbraucherausgaben aber machen immerhin zwei Drittel des amerikanischen Bruttosozialproduktes aus, was bedeutet: Halten sich die Verbraucher zurück, wird weniger produziert, es drohen Kurzarbeit oder sogar Entlassungen, die Steuereinnahmen des Staates gehen - bis hinab zu den Gemeinden- zurück.

Auch in der Wall Street sind die Meinungen geteilt, aber es ist aufgefallen, daß selbstein Analyse-und Anlagehaus wie Merrill Lynch, bekannt für optimistische Prognosen, ehernegativurteilt: „Vor einem Jahr bereits gingen die Anschaffun-

gen der Konsumenten zurück. Sie sind damit seit mehr als zwölf Monaten so schwach, daß eine Rezession nicht mehr ausgeschlossen werden kann“ - so faßt es ein Merrill Lynch-Analytiker zusammen.

Optimistischer sieht eine Vorhersage von 38 Analytikern und Ökonomen aus, die für die Regierung in Washington eine Prognose anfertigten: 21 von ihnen, und das sind immerhin 55 Prozent, sehen für die „nächsten zwölf Monate“, wie es in dem internen Regierungspapier heißt, zwar „keine Rezession“, - auf einen längeren Prognosezeitraum wollten sich die Experten jedoch nicht festlegen. Immerhin geben sie zu: „Zweifellos flirten die USA derzeit mit einer Rezession“.

Fazit: Die US-Ökonomie ist doch etwas „brustschwach“ geworden. Ob eine leichte Erkältung folgt oder eine fiebrige Grippe, wird man noch sehen.

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