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Ein Plätzchen wird gesucht

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„Leutein, Ihr müßt's halt vor allem einmal aufhören, immer nur um den heißen Brei herumzureden“, sagte Bundeskanzler Kreisky, den Carter undBreschnjew zu ihrem großen Abrüstungsgespräch eingeladen hatten, weil sie allein nicht mehr weiterwußten. \

„Sie haben leicht reden“, sagte Breschnjew, „wir würden ja gerne auf alle Interkontinentalraketen und auch auf alle taktischen Atombomben verzichten, wenn wir nur wüßten, wohin mit dem Zeug!“

„Na, wie wäre es denn einfach mit Eingraben?“ sagte Kreisky.

„Daran haben wir auch schon gedacht“, sagte Carter, „aber das amerikanische Volk erlaubt nicht, daß die amerikanischen Atomwaffen in Amerika vergraben werden, weil die amerikanischen Umweltschützer eine solche Endlagerung für noch viel gefährlicher halten als eine Beaufsichtigung der Raketen durch mich, und die Russen sind ja schon von allen westlichen Ideen angesteckt und wollen nicht, daß Breschnjew die sowjetische Erde mit vergrabenen Atomwaffen verseucht.“

„Ich habe vorgeschlagen, die amerikanischen und die sowjetischen Raketen gemeinsam bei uns einzugraben“, sagte Breschnjew, ,fur eine solche Lösung könnte ich mein Volk gewinnen, aber das will er nicht. Ich versteh' das nicht. Ja vertraut er mir denn nicht?“

„Selbstverständlich müssen die amerikanischen und sowjetischen Raketen auf neutralem Territorium vergraben werden“, sagte Kreisky.

„Wollen Sie nicht einen historischen Beitrag zum Weltfrieden leisten, Herr Kreisky“, sagte Breschnjew, „ich biete Ihnen die Lieferung von zehn sowjetischen Kernkraftwerken fa,st neuer Konstruktion, wenn Sie uns erlauben, die amerikanischen Raketen irgendwo in Österreich einzugraben!“

„Und Wir“, sagte Carter, „liefern Ihnen eine Tonne Kaugummi zu Weltmarktpreisen für jeden Österreicher, wenn wir die sowjetischen Interkontinentalraketen bei Ihnen eingraben dürfen.“

„Versprechen Sie mir lieber einen zahlenden amerikanischen Touristen auf jeden Österreicher, natürlich pro Jahr, und die Abnahme von zehn Stei-reranzügen pro Kopf der amerikanischen Bevölkerung, und Herr Breschnjew könnte uns die Abnahme von hundert Millionen Winterdirndln und einer Million Autos pro Jahr garantieren, dann können wir vielleicht ins Geschäft kommen. Aber jetzt müssen wir einen Platz suchen, wo wir die Raketen eingraben können.“

„Ich würde sofort ja sagen, Herr Bundeskanzler“, sagte der Bürgermeister von Oberguglhupf, „aber dann war ich die längste Zeit Bürgermeister von Oberguglhupf. Und was nützt mir das ganze Exportgeschäft, wenn ich nicht mehr Bürgermeister von Oberguglhupf bin?“

„Ich würde ja liebend gerne so einen Raketenfriedhof in Schnitzelburg einrichten lassen“, sagte der Bürgermeister von Schnitzelburg, „aber dann werde ich abgewählt - und das Geschäft mit dem Fremdenverkehr machen andere Schnitzelburger, tut mir leid, geht nicht.“

„Es gibt ja noch mehr neutrale Länder, meine Herren!“ sagte Bundeskanzler Kreisky, „wie wäre es mit Persien?“

„Der Schah hat sofort ja gesagt, ohne Forderungen zu stellen“, sagte Breschnjew, „das hat uns stutzig gemacht. Am Ende will er unsere Atomwaffen selber verwenden.“

,^.lle anderen Länder haben sofort ja gesagt“, sagte Carter, „das hat uns stutzig gemacht, denn sie haben keine Gegenforderungen gestellt. Was machen wir denn, wenn sie es auf unsere Raketen abgesehen haben und nicht auf den Weltfrieden? Nur Österreich ist vertrauenswürdig.“

„Schade“, sagte Kreisky, „aber nehmen Sie jetzt wenigstens unseren Atommüll?“

„Ja, gern“, sagte Breschnjew, „wenn Sie die zehn Kernkraftwerke fast neuer Konstruktion bei uns kaufen.“

„Ja, gern“, sagte Carter, „über die Tonne Kaugummi pro Kopf der österreichischen Bevölkerung als bescheidene Gegenleistung sind wir uns doch einig?“

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