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Kirchliches Amt

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„Was sich in Wien derzeit abspielt, ist für mich heller Wahnsinn. Die Partei in Wien steht in der Tat vor einer Existenzkrise. “ Ö VP-Klubobmann Heinrich Neisser nimmt sich in einem FURCHE-Interview (Seite 4) kein Blatt vor den Mund. Für ihn ist Heinrich Wille, „von all den Kandidaten, die bisher ins Spiel gebracht worden sind, die weitaus beste Lösung“ als künftiger Obmann der Wiener Volkspartei.

Im Zusammenhang mit der ÖVP-Reform wird nach Meinung des Klubobmannes die Frage der Bünde „eher hochstilisiert“. Obwohl er ein überzeugter Verfechter des Föderalismus sei, registriere er in den letzten Jahren besorgt eine zentrifugale Entwicklung in der ÖVP. Den Landesparteien sei „in jedem Fall das Hemd näher als der Rock“ der Bundespartei.

Edward Schillebeeckx, dem Dominikaner-Theologen, sind Diskussionen und Kritik für sein neues Buch „Christliche Identität und kirchliches Amt“ sicher. „Plädoyer für den Menschen in der Kirche“ lautet der Untertitel der Neufassung des 1981 erschienenen Buches „Das kirchliche Amt“, in dem er Kritik und neue theologische Entwicklungen verarbeitet.

Von einer fundamentalen Gleichheit der Menschen in Jesus Christus ausgehend, behandelt er nach einer Darstellung der „mes-sianischen Gemeinden“ und der „Amtspraxis in den ältesten christlichen Gemeinschaften“ ausführlich die „Dogmengeschichte des Weihesakraments“ (fast 200 Seiten).

Das Grundproblem scheint in allen Kapiteln durch: Das Amt, ursprünglich eine aus der Ortskirche herausgewachsene Dienstfunktion, wurde immer mehr zu einem Status um seiner selbst willen — wiewohl theologisch völlig einwandfrei feststeht, daß jedes Amt nur im Hinblick auf die Gemeinde verliehen wird. Schillebeeckx tritt für „alternative Amtsausübungen“ ein, wie er sie in Holland kennt, für den Diako-nat und für das „vierte Amt“ der Pastoralassistenten.

Bei aller möglichen Kritik sollte nicht übersehen werden, daß der Autor seit je bemüht war, neuen Auffassungen von Amt und Gemeinde in der Kirche Raum zu geben und gegenwärtige oftmals erstarrte Strukturen auf Neues hin offenzuhalten. Zu wünschen wäre, daß die Kritik auf diese Anliegen eingeht und den Weg für fällige Änderungen nicht abschneidet.

CHRISTLICHE IDENTITÄT UND KIRCHLICHES AMT. Von Edward Schillebeeckx. Patmos-Verlag, Düsseldorf 1985. 326 Seiten, kart., öS 300,50.

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