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Uraufgabe der Politik

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Die Konservativen Großbritanniens sind trotz hervorragender Wirtschaftsdaten abgewählt worden. Genau dieses „trotzdem" ärgert und irritiert vor allem jene Menschen, die im Wohlstand leben, die durch Seil-und/oder Erbschaften ausreichend Geld besitzen und es sich immer schon richten konnten. Klar, diese Art von Menschen profitiert natürlich von einem System ä la Thatcher, das zwar den Mittelstand gefördert, dafür aber die Kluft zwischen Arm und Reich immens weit getrieben hat.

In einer Demokratie zählt, Gott sei Dank, die Stimme jedes Menschen gleich viel. Und wenn zu viele Menschen unter einem brutalen Mehrwertprinzip leiden, unter einem Privatisierungswahn, der die Uraufgabe der Politik, den sinnvollen Ausgleich zwischen Arm und Reich, zwischen den Tüchtigen und jenen Bürgern, die in einem schrankenlosen Konkurrenzkampf zurückbleiben, vernachlässigen läßt, dann werden die verblendeten Akteure dieses Systems eben abgewählt. Deshalb muß das Ziel einer verantwortungsvollen Staatsführung das Erreichen von beidem sein: Gesunde Wirtschaftskriterien und staatliche Regulierung dort, wo die freie Marktwirtschaft alleine das soziale Niveau der gesamten Gesellschaft nicht sichert. In Großbritannien hat unter der Tory-Regierung insbesondere das Gesundheits- und Bildungswesen einen Niedergang erfahren, dessen Opfer im Laufe der Jahre immer mehr wurden. Wer sich keine teuren Privatärzte, keine teuren Privatschulen leisten konnte, war einem Gesundheitsund Bildungswesen ausgeliefert, das sich keine Ärzte, keine Spitäler, keine Schulen und keine Lehrer mehr leisten konnte. Immer mehr Menschen hatten keinen Zugang zu Bildung und ärztlicher Versorgung.

Klar, daß Geldmenschen dies wenig kümmert. Rein theoretisch könnten natürlich auch Geldmenschen ein Gefühl für Arme entwickeln und deshalb den Wahlsieg Tony Blairs begrüßen. In der Realität denken und fühlen aber nur herzlich wenig Wohlhabende so.

Die Autorin ist

Journalistin und Mitarbeiterin der WirtschaftsWoche Zeitschrifien-Verlagsges.nnb.H. & Co KG.

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