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Wunder haben (manchmal) kurze Beine

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Nicht nur den Wurschtl, auch das Auto kann keiner „daschlogn“: Das Ansteigen der Pkw-Zulassungen um 112 und der Kombizulassungen um 145 Prozent im Februar 1979 (neuere Zahlen sind noch nicht bekannt) macht deutlich, daß die Österreicher kaum mehr daran denken, daß sie beim Autokauf fast ein Drittel des Preises gleich direkt bei Hannes Androsch abliefern. Weder der zu erwartende Benzinpreisschock noch die drohende Temporeduzierung können die Motorisierungswut bremsen.

Die Reaktion, oder besser: Nicht-Reaktion ist typisch für eine Wohlstandsgesellschaft. Wo die Grundbedürfnisse befriedigt sind, läßt sich niemand auf Dauer durch höhere Preise von der Befriedigung seiner Zusatzbedürfnrsse abhalten.

Das Wiedereinsetzen des Auto-Booms ist gleichzeitig der - nicht der einzige, aber der sichtbarste - Beweis dafür, wie berechtigt die Mahnungen der Experten und wie unberechtigt das Siegesgeheul der Regierung in Sachen Zahlungsbilanz waren. Für den Rückgang des Zahlungsbilanzdefizits von rund 29 Milliarden Schilling 1977 auf 6 Milliarden im letzten Jahr sind nicht nur das Maßnahmenpaket der Regierung, sondern auch die Konjunktur und die Optik der Statistik verantwortlich. Mit nur eineinhalb Prozent realem Wachstum war 1978 nach herkömmlichen Maßstäben ein Rezessionsjahr.

Erstmals seit 23 (!) Jahren schrumpfte 1978 der private Konsum (um dreieinhalb Prozent real). Der Optik wiederum kam zugute, daß durch den Ankündigungseffekt der Luxussteuer die Zahlungsbilanz des Jahres 1977 mit Vorziehkäufen überdurchschnittlich belastet wurde, so daß sich die 1978 eingetretene Verbesserung besonders spektakulär ausnimmt

Und der Optik zugute kommt auch, daß Kreditaufnahmen des Staates im Ausland - wie sie 1978 massiv erfolgt sind - nach der Systematik die Zahlungsbilanz verbessern.

Mit der Aussage, daß sich die Zahlungsbilanzprobleme Österreichs von alleine lösen werden, steht Androsch-Gut-achter Hankel allein auf weiter Flur. Weder der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen noch das Institut für Wirt-schaftsforschung glauben daran, daß sich durch das Maßnahmenpaket der Bundesregierung eine dauerhafte Verbesserung des strukturell bedingten Defizits ergeben kann.

Die Zahlen, die die letzten Zweifel beseitigen werden, können allerdings frühestens Mitte Mai veröffentlicht werden. Bis zu den Wahlen kann man also noch beruhigt auf Wunder spielen.

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