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Zulehners Szenarien

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nennung neuer Bischöfe sollte Österreichs Kirche auf einen neuen Kurs bringen. Die ,Konzils-Ära König' sollte durch eine neue .Kirchenzeit' abgelöst werden."

Die Umrisse des neuen Kirchen-, kurses kennzeichnet Zulehner so: „Die Fehlentwicklungen nach dem Konzil sollen mit zäher Geduld, notfalls auch mit hartem, kompromißlosen Durchgreifen, korrigiert werden. Dazu wird besonders die Personalpolitik genützt, um wichtige Zentren kirchlichen Lebens rasch auf die neue Linie zu bringen und damit zu sanieren: Priesterseminare, Aus- und Fortbildungsstätten, Schulen, die Verkündigung. Dazu kommt der Versuch, zumindest kircheneigene Medien auf den neuen Kurs zu bringen."

Ganz wichtig ist der Hinweis Zulehners, daß beim neuen Kirchenkurs das Bemühen um katholische Identität deutlichen Vorrang vor Bemühungen um die Einheit der Kirche hat. Er läßt Zahlen sprechen: 53 Prozent der Österreicher ist die Kirche schlicht gleichgültig, 39 Prozent lehnen den neuen Kirchenkurs ab, nur acht Prozent unterstützen ihn.

Für Zulehner ergeben sich aus den Daten „zwei mögliche Zukunftsszenarien, die einander nicht ausschließen, sondern wie zwei Phasen auch hintereinander abfol-gen können: konfliktreiche Polarisierung oder (/und längerfristig) lautloser Auszug der freiheitsbewußten Gebildeten".

Was die heutigen „Lager" in der Kirche betrifft, so unterscheiden sich diese laut Zulehner nicht bezüglich der Frömmigkeit oder in der Bereitschaft, am sonntäglichen Gottesdienst teilzunehmen, im neuen Kirchenkurs suchen vielmehr „Personen mit geringer Schulbildung und hohem Beheimatungsbe-dürfnis bei verläßlichen Autoritäten Sicherheit". Das ist aber, wenn man Zulehner glauben darf, eine schrumpfende Gruppe. Erwarteten sich beispielsweise 1970 in Kärnten noch 53 Prozent von der Kirche Autorität und Gewißheit, so waren es 1980 nur mehr 21 und 1990 nur mehr 18 Prozent.

Nur gebannt auf die von Zulehner aufgezeigten soziologischen Trends zu schauen, ist aber sicher ebenso schlecht, wie dieses Buch ganz zu ignorieren, denn Nadine Hauers Interviews und Zulehners Reflexionen sind eine gründliche Auseinandersetzung wert.

AUFBRUCH IN DEN UNTERGANG? Das II. Vatikanische Konzil und seine Auswirkungen. Von Nadine Hauer und Paul M. Zulehner. Herder Verlag, Wien 1991 120 Seiten, öS 124,-.

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